196 I Annette Kehnel
Über die funktionalen und strukturellen Analogien zwischen Bettelordens-
konvent und College ist sich die Forschung einig. Die ersten Gelehrtengemein-
schaften -Jacques Verges nannten sie Kooperationen von Wissensdurstigen -
werden bekanntlich in Paris im 12. Jahrhundert fassbar: Häuser, ausgestattet
mit einem kleinen regelmäßigen Einkommen, gestiftet von einem wohltätigen
Stifter, in der Regel der Pachtzins für ein Stück Land, oder eine jährlich festge-
legte Stiftung. Seit Ende des 12. Jahrhunderts sind etwa das College des Dix-
Huit oder St. Thomas du Louvre bekannt. Die Häuser boten Unterkunft und
Verpflegung für eine festgelegte Zahl von armen Scholaren. Die Durchsetzung
der Organisationsform von Stiftungen im Sinne einer vita communis als
„Wohn- und Lebensgemeinschaften für Scholaren“ war eine wichtige Voraus-
setzung für den Erfolg der Universitäten im Abendland.
Genau hier werden die Bettelordenskonvente mit ihren nach außen durch-
lässigen Kommunikationsstrukturen wichtig. Sie boten eine praktikable Form
der Umsetzung dieser neuentstehenden Kooperationen der freiwilligen Ar-
mut zum Zwecke des Studiums. Durch ihre Präsenz in den Universitätsstäd-
ten hatten die Mendikanten hier die Funktionen von „Trendsettern“. Zwar
gab es die Idee des Kollegs bereits, doch machten die Mendikanten - bitte
entschuldigen Sie die saloppe Formulierung - die Lebensform der „Gelehr-
ten-WGs“ salonfähig. Die vita communis im Konvent machte Schule. Die
Mitglieder waren arm, widmeten sich dem Studium, der Predigt und der Seel-
sorge. Die Mahlzeit wurde gemeinsam eingenommen, man hatte ein Dach
über dem Kopf und eine Kommunikationsgemeinschaft von gleichgesinnten
Mitbrüdern, regelmäßig bereichert durch Gäste. Die Gemeinschaft war keine
Gemeinschaft auf Lebenszeit sondern für die meisten Mitglieder zeitlich be-
grenzt. Wechselte man den Studienort, ging man, sagen wir von Oxford nach
Paris, so gab es auch dort eine Niederlassung des Ordens und ein Studium
generale. Man fand überall eine Bleibe, ein Abendessen und die Grundversor-
gung mit dem Nötigsten. Das bedeutet, dass der Konvent als lokaler Kommu-
nikationsraum vor Ort in Kombination mit dem internationalen Netzwerk
der Bettelorden eine ideale Infrastruktur für die nachhaltige Organisation
mobiler Gelehrtenexistenz lieferte.
Und genau diese Lebensform lokaler, für viele Mitglieder auch zeitlich be-
fristeter Kommunikationsgemeinschaften zum Zwecke des Studiums machte
in allen Universitätsstädten Schule. Stiftungen im Bildungswesen setzten sich
durch als Überlebensform der pauperes scholares. Im Prinzip folgten sie dem
Organisationsmodell des Bettelordenskonvents: Die Mitglieder (socii) eines
Kolleg hatten Residenzpflicht, erhielten ein Auskommen samt Zugang zur Bi-
bliotheken. Neben den Professoren (magistri) und Studenten (scholares) waren
Gäste (hospites) wichtige Mitglieder.
Über die funktionalen und strukturellen Analogien zwischen Bettelordens-
konvent und College ist sich die Forschung einig. Die ersten Gelehrtengemein-
schaften -Jacques Verges nannten sie Kooperationen von Wissensdurstigen -
werden bekanntlich in Paris im 12. Jahrhundert fassbar: Häuser, ausgestattet
mit einem kleinen regelmäßigen Einkommen, gestiftet von einem wohltätigen
Stifter, in der Regel der Pachtzins für ein Stück Land, oder eine jährlich festge-
legte Stiftung. Seit Ende des 12. Jahrhunderts sind etwa das College des Dix-
Huit oder St. Thomas du Louvre bekannt. Die Häuser boten Unterkunft und
Verpflegung für eine festgelegte Zahl von armen Scholaren. Die Durchsetzung
der Organisationsform von Stiftungen im Sinne einer vita communis als
„Wohn- und Lebensgemeinschaften für Scholaren“ war eine wichtige Voraus-
setzung für den Erfolg der Universitäten im Abendland.
Genau hier werden die Bettelordenskonvente mit ihren nach außen durch-
lässigen Kommunikationsstrukturen wichtig. Sie boten eine praktikable Form
der Umsetzung dieser neuentstehenden Kooperationen der freiwilligen Ar-
mut zum Zwecke des Studiums. Durch ihre Präsenz in den Universitätsstäd-
ten hatten die Mendikanten hier die Funktionen von „Trendsettern“. Zwar
gab es die Idee des Kollegs bereits, doch machten die Mendikanten - bitte
entschuldigen Sie die saloppe Formulierung - die Lebensform der „Gelehr-
ten-WGs“ salonfähig. Die vita communis im Konvent machte Schule. Die
Mitglieder waren arm, widmeten sich dem Studium, der Predigt und der Seel-
sorge. Die Mahlzeit wurde gemeinsam eingenommen, man hatte ein Dach
über dem Kopf und eine Kommunikationsgemeinschaft von gleichgesinnten
Mitbrüdern, regelmäßig bereichert durch Gäste. Die Gemeinschaft war keine
Gemeinschaft auf Lebenszeit sondern für die meisten Mitglieder zeitlich be-
grenzt. Wechselte man den Studienort, ging man, sagen wir von Oxford nach
Paris, so gab es auch dort eine Niederlassung des Ordens und ein Studium
generale. Man fand überall eine Bleibe, ein Abendessen und die Grundversor-
gung mit dem Nötigsten. Das bedeutet, dass der Konvent als lokaler Kommu-
nikationsraum vor Ort in Kombination mit dem internationalen Netzwerk
der Bettelorden eine ideale Infrastruktur für die nachhaltige Organisation
mobiler Gelehrtenexistenz lieferte.
Und genau diese Lebensform lokaler, für viele Mitglieder auch zeitlich be-
fristeter Kommunikationsgemeinschaften zum Zwecke des Studiums machte
in allen Universitätsstädten Schule. Stiftungen im Bildungswesen setzten sich
durch als Überlebensform der pauperes scholares. Im Prinzip folgten sie dem
Organisationsmodell des Bettelordenskonvents: Die Mitglieder (socii) eines
Kolleg hatten Residenzpflicht, erhielten ein Auskommen samt Zugang zur Bi-
bliotheken. Neben den Professoren (magistri) und Studenten (scholares) waren
Gäste (hospites) wichtige Mitglieder.