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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0254
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250 I Henryk Anzulewicz

In dem eingangs zitierten Kommentar zum siebten Brief des Pseudo-Diony-
sius Areopagita spricht Albert erstmalig mit Enttäuschung über die Verhältnisse
im Orden, die er als philosophieunfreundhch empfand. Mit seiner Kritik scheint
er an die schwierige Situation anzuknüpfen, mit der er Anfang der 1250er Jahre
am Studium generale der Dominikaner in Köln konfrontiert war. Ob sich der
Widerstand gegen die Indienstnahme der Philosophie in der Theologie nur aus
einer ,frommen1 Einstellung der Mitglieder des Kölner Konvents, des Ordens im
Ganzen, oder aus der eng verstandenen Treue zu den rigiden Vorgaben der Or-
densregel speiste oder aber ob er durch die Trägheit der Mönche, wenn nicht
durch noch andere Faktoren, verursacht war, lässt Albert zunächst offen. Jeden-
falls hält er diesen Widerstand für irrational und menschenunwürdig.
Man muss wissen, dass die Consuetudines Fratrum Praedicatorum im Prolog
und in der Präambel den verpflichtenden Charakter der Satzung geltend mach-
ten, ihre Einhaltung anmahnten, vor jeder eigenwilligen Abweichung oder Ab-
änderung warnten und diese unter Strafe stellten, jedoch nicht als Sündenschuld
anrechneten.11 Die Konstitutionen schrieben die Predigt und die pastorale Kom-
petenz der Mönche als das eigentliche Ziel ihrer permanenten Bildung vor und
schränkten das Selbststudium profaner Wissensbereiche stark ein.12 Diese
11 Constitution.es antique ordinis fratrum Predicatorum,prologus, hg. von Arthur H. Thomas, in:
Ders., De oudste constituties van den Dominicanen. Voorgeschiedems Tekst, bronnen, ont-
staan en ontwikkeling (1215-1237). Met uitgave van den Tekst (Bibliotheque de la Revue
d’Histoire ecclesiastique 42), Leuven 1965, S. 311.21-312.26: Eapropter, ut unitati etpaci totius
ordinis provideamus, volumus et declaramus ut constitutiones nostre non obligent nos ad cul-
pam, sed adpenam, nisipropter contemptum velpreceptum. Vgl. Gert Melville, Die Rechts-
ordnung der Dominikaner in der Spanne von constituciones und admoniciones, in: Ders.,
Frommer Eifer und methodischer Betrieb. Beiträge zum mittelalterlichen Mönchtum, hg. von
Cristina ÄNDENNA/Mirko Breitenstein, Köln/Weimar/Wien 2014, S. 299-300; Walter Sen-
ner, Zur Spiritualität des Dominikanerordens im Mittelalter, in: Barbara Helbling u.a.
(Hgg.), Bettelorden, Bruderschaften und Beginen in Zürich, Zürich 2002, S. 123.
12 Constitutiones antique ordinis fratrum Predicatorum, prologus, hg. von Thomas (wie
Anm. 11), S. 311: ordo noster specialiter ob predicationem et animarum salutem ab initio
noscatur institutus fuisse, et Studium nostrum ad hocprincipaliter ardenterque summo opere
debeat intendere, utproximorum animabuspossimus utiles esse; vgl. Constitutiones, 11.28, hg.
von Thomas (wie Anm. 11), S. 361; In libris gentilium et philosophorum non studeant, etsi ad
horam inspiciant. Seculares scientias non addiscant nec etiam artes quas liberales vocant, nisi
aliquando circa aliquos magister ordinis vel capitulum generale voluerit aliter dispensare, sed
tantum libros theologicos tarn iuvenes quam alü legant. Die Rolle der dominikanischen Or-
denssatzung für das Klosterleben und für das Studium analysiert Florent Cygler, Zur
Funktion der dominikanischen Verfassung im Mittelalter, in: Gert MELVILLE/Jörg Oberste
(Hgg.), Die Bettelorden im Aufbau (Vita regularis 11), Münster/Hamburg/London 1999,
S. 385-428; Weiterführendes zur letztgenannten Frage bei Wolfgang Schenkluhn, Ordines
studentes. Aspekte zur Kirchenarchitektur der Dominikaner und Franziskaner im 13. Jahr-
hundert, Berlin 1985, S. 48-49; Ramona Sickert, Wenn Klosterbrüder zu Jahrmarktsbrü-
dern werden (Vita regularis 28), Berlin 2006, S. 140-144.
 
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