Metadaten

Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0257
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Albert der Große zwischen Natur, Macht und Wirkung I 253

schilderte seine Absicht, die er mit diesem Projekt verband, und seine Vorge-
schichte' wie folgt:17
„Unsere Absicht in der Naturwissenschaft ist es, nach unseren Kräften die Brü-
der unseres Ordens zufriedenzustellen, die uns schon seit mehreren Jahren bit-
ten, ihnen ein solches Buch über die Naturdinge zu verfassen, in dem sie sowohl
die vollständige Naturwissenschaft hätten als auch aus dem sie die Bücher des
Aristoteles sachgerecht verstehen könnten. Obwohl wir uns dieser Aufgabe für
nicht gewachsen erachten, entziehen wir uns den Bitten der Brüder dennoch
nicht, nachdem wir schon mehrfach abgewinkt haben, willigen endlich ein und,
durch die Bitten von einigen bezwungen, nehmen es in Angriff, zuerst zum Lob
des allmächtigen Gottes, der Quelle der Weisheit und Urheber, Einrichter und
Lenker der Natur ist, und dann zum Nutzen für die Brüder sowie schließlich
für alle, die in diesem Buch lesen und sich die Naturwissenschaft anzueignen
streben.“
Was uns in dieser Schilderung und in Alberts ähnlichen Aussagen auffällt, ist
die Bezugnahme auf seine Ordensmitbrüder ohne jede Andeutung, dass er unter
ihnen Mitarbeiter hätte, die man in der Forschung gelegentlich mit dem Begriff
der socii zu identifizieren pflegt. Im PZryszP-Kommentar verwendete er zwar den
Begriff nostri socii mehrfach, aber er meinte damit in der Regel keine wissen-
schaftlichen Mitarbeiter. Den Begriff übernahm er mitunter wörtlich aus seinen
Quellen, aus denen er schöpfte, so zum Beispiel aus der Schrift Sufficientia
(Kitäb al Sifä’) des Avicenna.18 Ähnlich verhält es sich in Alberts Werk Meteora,
in dem die dort verwendete Bezeichnung socii mei aus dem Kommentar des
Averroes stammt, einem Werk, das Albert als ein einschlägiges Hilfsmittel bei

17 Albertus Magnus, Physica, Libri I-IV, hier: Physica 1.1.1, ed. Paul Hossfeld, in: Sancti doc-
toris Ecclesiae Alberti Magni [...] Opera omnia [...] (Editio Coloniensis IV/1), Münster 1987,
S. 1.9-22: Intentio nostra in scientia naturali est satisfacere pro nostra possibili.ta.te fratribus
ordinis nostri nos roga.nti.bus expluribus iampraecedentibus annis, ut talem librum dephysicis
eis componeremus, in quo et scientiam naturalem perfectam haberent et ex quo libros Aristo-
teles competenter intelligerepossent. Ad quod opus licet non sufficientes nos reputemus, tarnen
precibus jratrum deesse non valentes, postquam multotiens abnuimus, tandem annuimus et
suscepimus devictiprecibus aliquorum ad laudemprimo dei omnipotentis, qui fons est sapien-
tiae et naturae sator et institutor et rector, et ad utilitatem fratrum et per consequens omnium
in eo legentium et desiderantium adipisci scientiam naturalem. Für die deutsche Übersetzung
siehe: Albertus Magnus und sein System der Wissenschaften. Schlüsseltexte in Übersetzung
Lateinisch-Deutsch, hg. vom Albertus-Magnus-Institut. Eingeleitet, übersetzt und für den
Druck vorbereitet von Hannes MÖHLE/Henryk AuzuLEWicz/Maria BuRGER/Silvia Donati/
Ruth MEYER/Martin BREDENBECK/Susana Bullido del Bario, Münster 2011, S. 101.
18 Albertus Magnus, Physica, II.2.10 (wie Anm. 17), S. 113.51 mit Anm. im Quellenapparat; vgl.
Ders., Physica, II.2.21, S. 129.25.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften