Warum Clunys Islamprojekt zunächst scheitern musste I 283
von den Füßen zeigt zudem an, dass die Begegnung mit den Muslimen ganz im
Sinne der evangelischen Aussendung der Jünger durch Jesus (Matthäus 10, 14;
Markus 6, 11; Lukas 9, 5 und 10, 11; Apostelgeschichte 13, 51) verstanden wird.22
Offensichtlich setzt man in erster Linie auf die vermeintliche Wirkung, die ein
extrem asketisch zwischen Eremitismus und Cönobitismus lebender, flexibel
einsetzbarer und wundertätiger christlicher Prediger auf die Muslime habe. Da
der aus Venedig stammende Anastasius aber neben Griechisch nur Latein be-
herrscht, nicht aber ein orienterfahrener Mönch mit arabischer Sprachkompe-
tenz ist,23 legt sein von Papsttum und Cluny initiiertes Engagement in der iberi-
schen Muslimenmission den eklatanten Mangel an Islamkompetenzen selbst in
den Schaltzentralen des lateinischen Christentums offen.
Doch wie aussagekräftig ist die Schilderung von Anastasius’ Missionsmetho-
den angesichts der Tatsache, dass es auch einen auf Arabisch überlieferten Brief-
wechsel Abt Hugos mit Zaragoza gibt, der höchstwahrscheinlich in den Kon-
text der cluniazensischen Missionskampagne des Anastasius gehört?24 25 Hier legt
Hugo in einem Brief an al-Muqtadir bi-'lläh knapp Zeugnis vom christlichen
Glauben ab, ohne wirklich durchschlagende Argumente zu entwickeln.23 Auch
22 Gualterus, Vita S. Anastasii § 5: „Per idem tempus praecepto sancti patris nostri papae Gre-
gorii septimi, et tnna persuasione venerabilis viri abbatis sui Hugonis, Hispaniam ad praedi-
candum Sarracenis ingressus est. Ubi ad probandam certitudinem fidei christianorum, et ad
eradicandam crudelitatis duritiam Sarracenorum, per rogum ardentem post celebrata missa-
rum solemnia, transire voluit; sed Sarraceni conditioni ejus noluerunt acquiescere, videlicet
si hinc illaesus transiret, ad baptismi gratiam confugerent. Sed cum a caecitate et duritia
cordis sui ullo modo redire nollent, excusso pulvere pedum in illos in testimonium, ad mo-
nasterium suum regressus est“, Migne, Patrologia Latina 149, Sp. 429 Z. 4-16.
23 Ebenda § 2: „Gloriosissimus Anastasius confessor Dei, Venetias oriundus ... Qui ... a pri-
maevo studiis litteralibus a parentibus traditus est, in quibus ita curam adhibuit ut tarn Grae-
cis quam Latims litteris ommbus ad unguem videretur imbutus“, ebenda, Sp. 427 Z. 1—8.
24 Hg./übers. von Douglas M. Dunlop, A Christian mission to Muslim Spain in the llth Cen-
tury, in: al-Andalus 17, 1952, S. 259-310, hier S. 287-310 (arabischer Text) und 263-287 (eng-
lische Übersetzung); hg./übers. von 'Abd al-Majld Turki, La lettre du ,moine de France‘ ä
al-Muqtadir Billäh, roi de Saragosse, et la reponse d’al-BäyT, le faqlh andalou (presentation,
texte arabe, traduction), in: ebenda 31, 1966, S. 73-153, hier S. 84-115 (arabischer Text) und
116-153 (französische Übersetzung). Ludwig Vones, Zwischen Kulturaustausch und re-
ligiöser Polemik. Von den Möglichkeiten und Grenzen christlich-muslimischer Verständi-
gung zur Zeit des Petrus Venerabilis, in: Andreas SPEER/Lydia Wegener (Hgg.), Wissen
über Grenzen. Arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter (Miscellanea Mediaevalia 33),
Berlin/New York 2006, S. 217-237, hier S. 230 bezeichnet den Briefwechsel als ausschließlich
fiktiv, ohne seinen realen historischen Hintergrund zu beachten oder zu kennen. Überliefert
ist er allein in El Escorial, Real Biblioteca de San Lorenzo, Ms. arab. 538.
25 Daniel Potthast, Die higäb-Christologie. Eine Verbindung zwischen orientalischen und
lateinischen Kirchen?, in: Matthias Maser e. a. (Hgg.), Von Mozarabern zu Mozarabismen.
Zur Vielfalt kultureller Ordnungen auf der mittelalterlichen Iberischen Halbinsel (Spanische
Forschungen der Görresgesellschaft 41), Münster in Westfalen 2014, S. 57-73, hier S. 59f., 62,
von den Füßen zeigt zudem an, dass die Begegnung mit den Muslimen ganz im
Sinne der evangelischen Aussendung der Jünger durch Jesus (Matthäus 10, 14;
Markus 6, 11; Lukas 9, 5 und 10, 11; Apostelgeschichte 13, 51) verstanden wird.22
Offensichtlich setzt man in erster Linie auf die vermeintliche Wirkung, die ein
extrem asketisch zwischen Eremitismus und Cönobitismus lebender, flexibel
einsetzbarer und wundertätiger christlicher Prediger auf die Muslime habe. Da
der aus Venedig stammende Anastasius aber neben Griechisch nur Latein be-
herrscht, nicht aber ein orienterfahrener Mönch mit arabischer Sprachkompe-
tenz ist,23 legt sein von Papsttum und Cluny initiiertes Engagement in der iberi-
schen Muslimenmission den eklatanten Mangel an Islamkompetenzen selbst in
den Schaltzentralen des lateinischen Christentums offen.
Doch wie aussagekräftig ist die Schilderung von Anastasius’ Missionsmetho-
den angesichts der Tatsache, dass es auch einen auf Arabisch überlieferten Brief-
wechsel Abt Hugos mit Zaragoza gibt, der höchstwahrscheinlich in den Kon-
text der cluniazensischen Missionskampagne des Anastasius gehört?24 25 Hier legt
Hugo in einem Brief an al-Muqtadir bi-'lläh knapp Zeugnis vom christlichen
Glauben ab, ohne wirklich durchschlagende Argumente zu entwickeln.23 Auch
22 Gualterus, Vita S. Anastasii § 5: „Per idem tempus praecepto sancti patris nostri papae Gre-
gorii septimi, et tnna persuasione venerabilis viri abbatis sui Hugonis, Hispaniam ad praedi-
candum Sarracenis ingressus est. Ubi ad probandam certitudinem fidei christianorum, et ad
eradicandam crudelitatis duritiam Sarracenorum, per rogum ardentem post celebrata missa-
rum solemnia, transire voluit; sed Sarraceni conditioni ejus noluerunt acquiescere, videlicet
si hinc illaesus transiret, ad baptismi gratiam confugerent. Sed cum a caecitate et duritia
cordis sui ullo modo redire nollent, excusso pulvere pedum in illos in testimonium, ad mo-
nasterium suum regressus est“, Migne, Patrologia Latina 149, Sp. 429 Z. 4-16.
23 Ebenda § 2: „Gloriosissimus Anastasius confessor Dei, Venetias oriundus ... Qui ... a pri-
maevo studiis litteralibus a parentibus traditus est, in quibus ita curam adhibuit ut tarn Grae-
cis quam Latims litteris ommbus ad unguem videretur imbutus“, ebenda, Sp. 427 Z. 1—8.
24 Hg./übers. von Douglas M. Dunlop, A Christian mission to Muslim Spain in the llth Cen-
tury, in: al-Andalus 17, 1952, S. 259-310, hier S. 287-310 (arabischer Text) und 263-287 (eng-
lische Übersetzung); hg./übers. von 'Abd al-Majld Turki, La lettre du ,moine de France‘ ä
al-Muqtadir Billäh, roi de Saragosse, et la reponse d’al-BäyT, le faqlh andalou (presentation,
texte arabe, traduction), in: ebenda 31, 1966, S. 73-153, hier S. 84-115 (arabischer Text) und
116-153 (französische Übersetzung). Ludwig Vones, Zwischen Kulturaustausch und re-
ligiöser Polemik. Von den Möglichkeiten und Grenzen christlich-muslimischer Verständi-
gung zur Zeit des Petrus Venerabilis, in: Andreas SPEER/Lydia Wegener (Hgg.), Wissen
über Grenzen. Arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter (Miscellanea Mediaevalia 33),
Berlin/New York 2006, S. 217-237, hier S. 230 bezeichnet den Briefwechsel als ausschließlich
fiktiv, ohne seinen realen historischen Hintergrund zu beachten oder zu kennen. Überliefert
ist er allein in El Escorial, Real Biblioteca de San Lorenzo, Ms. arab. 538.
25 Daniel Potthast, Die higäb-Christologie. Eine Verbindung zwischen orientalischen und
lateinischen Kirchen?, in: Matthias Maser e. a. (Hgg.), Von Mozarabern zu Mozarabismen.
Zur Vielfalt kultureller Ordnungen auf der mittelalterlichen Iberischen Halbinsel (Spanische
Forschungen der Görresgesellschaft 41), Münster in Westfalen 2014, S. 57-73, hier S. 59f., 62,