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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0288
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284 I Matthias M. Tischler

kommt er mit nur wenigen Worten auf den Islam zu sprechen, den er als Werk
des Teufels diffamiert. Dies und seine harsche Aufforderung an den muslimi-
schen Fürsten, zum christlichen Glauben überzutreten, legen Zeugnis von
Clunys tiefem Unwissen über den Islam zu diesem Zeitpunkt ab. Das Ant-
wortschreiben des muslimischen Gelehrten 'Abü al-Walid al-BägT widerlegt
dann jedoch ausführlich die von Hugo nur kurz aufgeführten Inhalte des
Christentums, so die Gottessohnschaft Christi, die Beschaffenheit des Got-
tesreiches, den einheitlichen Glauben an Vater und Sohn, die Inkarnation
Christi und seinen Opfertod zum Heil für die gesamte Menschheit, und geht
schließlich auch auf das angeblich falsche Prophetentum Muhammads ein, um
die zahlreichen Widersprüche im christlichen Glauben aufzuzeigen. Der
Mönch tue daher besser daran, wirklich nach Zaragoza zu kommen, aber
nicht in der Hoffnung, den König zu bekehren, sondern um nach eingehender
Einweisung in den Islam sich zu diesem zu bekennen. Auch wenn wir es wohl
mit einem stilisierten Briefwechsel zu tun haben, scheint hier eine reale Ent-
gegnung auf eine lediglich nach Zaragoza geschickte schriftliche Apologie des
Christentums vorzuliegen.
An dieser Stelle muss noch auf eine weitere Interaktionsform Clunys mit
Muslimen auf der Iberischen Halbinsel eingegangen werden, und zwar die bi-
schöfliche Muslimenpredigt des ersten Erzbischofs von Toledo nach der Rück-
eroberung der Stadt im Jahr 1085: Anfang 1087 schreibt Abt Hugo von Cluny
einen Brief an den eben zum Erzbischof erhobenen Cluniazenserabt Bernhard
von Sahagün. In ihm fordert er Bernhard auf, den Muslimen in seiner Diözese
zu predigen, um sie zum Christentum zu bekehren.26 In einem ähnlichen Ton-
fall ist auch eine Bulle Papst Urbans II. vom 15. Oktober 1088 an den Erzbischof
geschrieben: Bernhard solle die Muslime mit Worten und Beispielen überzeugen
67 und 72 verweist auf die soteriologische Argumentation für die Inkarnation Christi und
das erstmalige Vorkommen der sog. „higäb“-Christologie in diesem Brief, der freilich nur in
dem muslimischen Antwortschreiben inseriert ist. Selbst wenn der christliche Brief von dem
Muslim fingiert sein sollte, spiegelt er wohl die Argumentation mozarabischer Christen in
al-Andalus.
26 Hugo von Cluny, Epistola 4: Et quia gratia Del utriusque testamenti pagina omnique di-
vina lege fideliter eruditus estis, gentibus quae peccatis nostris usque id temporis creatori suo
debitum honorem non exhibuerant verbum Dei incessanter intrepide predicando ad fidem
catholicam et ad sanctae matris aecclesiae gremium revocare invigiletis ... Licet autem, karis-
sime, Dei misericordia bonis admodum polleatis moribus et qualiter secundum Apostolum
verbum Dei arguendo, obsecrando, increpando in omni pacientia et doctrina, doctis et indoc-
tis, christianis et incredulis fideliter dispensare debeatis ad plenum cognoscatis ... Haec
enim, vita scilicet inreprehensibilis et bonorum operum cum multis moribus exhibitio, super
omnem praedicationem ad incitandos et convertendos infideles prevalebunt“, hg. von
Cowdrey, Two studies (wie Anm. 20), S. 145-148, hier S. 146 Z. 26-30 sowie S. 147 Z. 5-9
und 32-34.
 
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