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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0294
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290 I Matthias M. Tischler

auch intellektuellen Beschäftigung mit Muslimen an. Diese lässt sich dann etwa
am antihäretischen Werk des am Ende seines Lebens in den Orden eintretenden
Alanus ab Insulis in Südfrankreich47 und an den ersten Rezeptionsspuren des
von Petrus Venerabilis initiierten Islamcorpus in der Chronik des Alberich von
Trois-Fontaines ablesen.48
Petrus’ Islamprojekt war bis dahin ein in verschiedenster Hinsicht gescheiter-
tes Vorhaben.49 Denn selbst als Abt von Cluny besaß Petrus nicht die transitive
Macht, seinen Willen zur Implementierung des umfassenden Kampfes gegen alle
Feinde der Kirche - von denen der intellektuelle Kampf gegen den Islam ledig-
lich der neueste und innovativste, aber nicht einzige war - in der „ecclesia
Cluniacensis“ durchzusetzen. Dieses aus dem allgemeinen Reformbedürfnis
Clunys zu erklärende Vorhaben30 stieß nicht nur in der bekannten großen Aus-
einandersetzung mit Bernhard von Clairvaux auf Widerstände, sondern schon
im eigenen Kloster Cluny, da es weder dort noch generell einen innerchristli-
chen Konsens hinsichtlich adäquater Umgangsformen mit den Muslimen gab.
Dazu waren Bild und Wissen vom Islam selbst im Hochmittelalter viel zu un-
präzise und uneinheitlich.51 Jedenfalls wurde Petrus’ Islamprojekt zu seinen

Sarah LAMBERT/Helen Nicholson (Hgg.), Languages of love and hate. Conflict, communi-
cation, and identity in the medieval Mediterranean (International Medieval Research 15),
Turnhout 2012, S. 201-221, hier S. 220f. Anm. 69; Ders., „Hommes de passage. L’element juif
dans les textes polemiques et les constructions identitaires hispaniques (xiT-xiv2 siecles), in:
Joelle Ducos/Patrick Henriet (Hgg.), Passages. Deplacements des hommes, circulation des
textes et identites dans l’Occident medieval (Meridiennes. Etudes medievales iberiques),
Toulouse 2013, S. 39-55, hier S. 43f. mit Anm. 19f. Möglicherweise haben wir es hier mit einer
ordensinternen Reaktion auf Bernhards Haltung nach dessen Tod 1153 zu tun; vgl. Ders.,
Espaces (inter)religieux (wie Anm. 44).
47 Ders., Religiöse Alterität und scholastische Irrtumsbekämpfung. Neue Umgangsformen der
hochmittelalterlichen Bildungselite mit dem Islam, in: Andreas SPEER/Maxime Mauriege
(Hgg.), Irrtum - Error — Erreur (Miscellanea Mediaevalia 40), Berlm/Boston 2018, S. 281—
324 und 819 (Summary), hier S. 305-311.
48 Ders., Orte des Unheiligen (wie Anm. 31), S. 47f.; Ders., Die älteste lateinische Koranüber-
setzung als (inter)religiöser Begegnungsraum, in: Reinhold F. Glei (Hg.), Frühe Koranüber-
setzungen. Europäische und außereuropäische Fallstudien (Bochumer Altertumswissen-
schaftliches Colloquium 88), Trier 2012, S. 25-82, hier S. 45f.
49 Ders., Koranübersetzung (wie Anm. 48), S. 34-49.
50 Zu diesem krisenhaften Hintergrund Clunys und der dringenden Notwendigkeit eines intel-
lektuellen Befreiungsschlags vgl. ebenda, S. 27—30 (mit der älteren Literatur).
51 Auf das Problem des inneren Zusammenhangs zwischen uneinheitlichem Muslimenbild und
jeweiliger Auseinandersetzungsweise mit dem Islam bin ich kurz eingegangen in meiner
Rezension von Anne Müller, Bettelmönche in islamischer Fremde. Institutionelle Rah-
menbedingungen franziskanischer und dominikanischer Mission in muslimischen Räumen
des 13. Jahrhunderts (Vita regularis. Ordnungen und Deutungen religiösen Lebens im Mit-
telalter 15), Münster in Westfalen e. a. 2002, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft und
Religionswissenschaft 89, 2005, S. 156-159, hier S. 157f.
 
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