304 I Stefan Weinfurter
sehe Herzogsfamilie beteiligte sich daran, so dass der Frauenkonvent zu einer
Art Knotenpunkt von Landesherrschaft und Bürgertum wurde. Im Umkreis
des Klosters fanden die großen Jahrmärkte und andere städtische Ereignisse
statt, und allein dem Angerkloster war es erlaubt, ein „Stadtschwein“ zu hal-
ten, das sich frei in der ganzen Stadt bewegen konnte und schließlich zur Ar-
menspeisung diente.
Große Ausstrahlung entwickelten die neuen Klöster und Stifte im Hinblick
auf ihre innovativen Formen von Großorganisationen und die damit verknüpften
Verstetigungen von Ordnungskonfigurationen. Der immens hohe Anspruch,
den die Reformmönche und Regularkanoniker an sich selbst und ihre vorbild-
liche Lebensordnung stellten, verlangte Instrumentarien für deren Nachhaltig-
keit. Dieser Optimierungszwang führte um die Mitte des 12. Jahrhunderts zu
Regelungsmaßnahmen durch Statuten, die als Vorboten und Vorbilder öffentli-
cher Gesetzgebung angesehen werden können. Das Generalkapitel der Zisterzi-
enser wurde zum Modell für ein transregionales Aufsichts- und Organisations-
system, mit dem erstmals in einem regelmäßigen Zeitrhythmus weite Teile
Europas umspannt und einem Interessensausgleich zugeführt wurden. Der euro-
päische transkulturelle Austausch gewann erheblich an Dynamik.
Schließlich ist hinzuzufügen, dass die vielen neuen Klöster und Stifte ein ge-
waltiges wirtschaftliches Potential entwickelten. Die großen Konvente bauten
Besitzimperien auf und wurden, modern gesprochen, zu Agrarkonzernen. Da-
rüber ist viel geforscht worden, aber man sollte in unserem Zusammenhang
doch einmal mehr den Blick darauf richten, dass auf diese Weise ganze Land-
schaften durchdrungen und gestaltet wurden. Dass neuartige Produktions- und
Organisationsformen wie die Grangien und gut funktionierende Wirtschafts-
höfe die Effizienz beträchtlich steigerten, ist wohl bekannt. Gegenüber den gro-
ßen Wirtschaftsunternehmen mancher Zisterzienserkonvente konnte sich kaum
ein adliger Grundbesitzer oder ein Dorf in der Umgebung unabhängig halten.
Vielzitiert ist die Warnung des Engländers Walter Map aus dem Ende des
12. Jahrhunderts, man solle sich vor dem Zugriff der Zisterzienser hüten, denn
schon nach kurzer Zeit hätten sie alle Länder, Mühlen und sonstige Produkti-
onsanlagen ihrer Umgebung an sich genommen. Dass gerade Zisterzienser als
die idealen Unternehmer für die Erschließung neuer Agrarräume galten und
auch entsprechend eingesetzt wurden, hatte seinen guten Grund.
Zuletzt sollte die Rolle der Reformer als Berater an den Höfen der politischen
Elite wenigstens erwähnt werden. Auch auf diesem Gebiet erzeugte die junge
Garde der Kloster- und Kanonikerreform Wirkkraft. Erneut zeigt sich hier die
Bedeutung der Werteüberzeugung des früheren 12. Jahrhunderts. Ein Mann
wie Norbert von Xanten, um ein Beispiel zu nennen, war gewiss nicht nur in
religiösen, sondern auch in Herrschafts- und Regierungsangelegenheiten erfah-
sehe Herzogsfamilie beteiligte sich daran, so dass der Frauenkonvent zu einer
Art Knotenpunkt von Landesherrschaft und Bürgertum wurde. Im Umkreis
des Klosters fanden die großen Jahrmärkte und andere städtische Ereignisse
statt, und allein dem Angerkloster war es erlaubt, ein „Stadtschwein“ zu hal-
ten, das sich frei in der ganzen Stadt bewegen konnte und schließlich zur Ar-
menspeisung diente.
Große Ausstrahlung entwickelten die neuen Klöster und Stifte im Hinblick
auf ihre innovativen Formen von Großorganisationen und die damit verknüpften
Verstetigungen von Ordnungskonfigurationen. Der immens hohe Anspruch,
den die Reformmönche und Regularkanoniker an sich selbst und ihre vorbild-
liche Lebensordnung stellten, verlangte Instrumentarien für deren Nachhaltig-
keit. Dieser Optimierungszwang führte um die Mitte des 12. Jahrhunderts zu
Regelungsmaßnahmen durch Statuten, die als Vorboten und Vorbilder öffentli-
cher Gesetzgebung angesehen werden können. Das Generalkapitel der Zisterzi-
enser wurde zum Modell für ein transregionales Aufsichts- und Organisations-
system, mit dem erstmals in einem regelmäßigen Zeitrhythmus weite Teile
Europas umspannt und einem Interessensausgleich zugeführt wurden. Der euro-
päische transkulturelle Austausch gewann erheblich an Dynamik.
Schließlich ist hinzuzufügen, dass die vielen neuen Klöster und Stifte ein ge-
waltiges wirtschaftliches Potential entwickelten. Die großen Konvente bauten
Besitzimperien auf und wurden, modern gesprochen, zu Agrarkonzernen. Da-
rüber ist viel geforscht worden, aber man sollte in unserem Zusammenhang
doch einmal mehr den Blick darauf richten, dass auf diese Weise ganze Land-
schaften durchdrungen und gestaltet wurden. Dass neuartige Produktions- und
Organisationsformen wie die Grangien und gut funktionierende Wirtschafts-
höfe die Effizienz beträchtlich steigerten, ist wohl bekannt. Gegenüber den gro-
ßen Wirtschaftsunternehmen mancher Zisterzienserkonvente konnte sich kaum
ein adliger Grundbesitzer oder ein Dorf in der Umgebung unabhängig halten.
Vielzitiert ist die Warnung des Engländers Walter Map aus dem Ende des
12. Jahrhunderts, man solle sich vor dem Zugriff der Zisterzienser hüten, denn
schon nach kurzer Zeit hätten sie alle Länder, Mühlen und sonstige Produkti-
onsanlagen ihrer Umgebung an sich genommen. Dass gerade Zisterzienser als
die idealen Unternehmer für die Erschließung neuer Agrarräume galten und
auch entsprechend eingesetzt wurden, hatte seinen guten Grund.
Zuletzt sollte die Rolle der Reformer als Berater an den Höfen der politischen
Elite wenigstens erwähnt werden. Auch auf diesem Gebiet erzeugte die junge
Garde der Kloster- und Kanonikerreform Wirkkraft. Erneut zeigt sich hier die
Bedeutung der Werteüberzeugung des früheren 12. Jahrhunderts. Ein Mann
wie Norbert von Xanten, um ein Beispiel zu nennen, war gewiss nicht nur in
religiösen, sondern auch in Herrschafts- und Regierungsangelegenheiten erfah-