1.1. Religiöse Anfänge: Augustiner-Chorherr in Cantimpre
21
Insbesondere die Bezeichnung Brabantinus führte in der mittelalterlichen Rezep-
tion jedoch verschiedentlich zu Verwechslungen mit dem dominikanischen Gelehr-
ten und Übersetzer Wilhelm von Moerbeke (1215-1286), der wegen seiner Herkunft
als Wilhelmus Brabantinus bekannt war und aufgrund seiner Erzbischofswürde auch
als „von Korinth“ bezeichnet wurde.21 So schrieb beispielsweise der dominikanische
Gelehrte Heinrich von Herford (ca. 1326-1370) im 14. Jahrhundert Wilhelm von
Moerbeke die Autorschaft am „Bienenbuch“ zu.22 Dass derartige Verwechslungen
auch im 17. Jahrhundert noch nicht ganz ausgeräumt waren, belegt ein aus dieser Zeit
datierender Vermerk in der Handschrift Latin 3586 der Bibliotheque nationale de
France (Paris).23 Andernorts wusste man dagegen schon im ausgehenden 13. Jahr-
hundert zwischen beiden Autoren zu unterscheiden, wie das Inventar des Dominika-
nerkonvents von Barcelona verdeutlicht.24
Möglicherweise war diese falsche Zuschreibung auch der Grund dafür, dass in
späteren Jahrhunderten angenommen wurde, Thomas habe eigentlich den Namen
„Wilhelm“ (mitunter alternativ auch „Johannes“) getragen.25 Gemutmaßt wurde zu-
dem, dass bei der conversio zum Orden der Dominikaner ein anderer Name (Tho-
mas) gewählt worden sei und aus diesem Grund die Namen Wilhelm und Thomas für
dieselbe Person belegt sind.26 Wenig plausibel erscheint schließlich eine dritte These,
21 S. für einen Überblick Aris, Art. „Wilhelm v. Moerbeke“ sowie die Beiträge in Guillaume de
Moerbeke, hg. Brams/Vanhamel.
22 Henr. über, cap. 94, S. 203: Decimo septimo anno Rychardifrater WilhelmusBrabantinus, Chorin-
thiensis, de ordine fratrum predicatorum, rebus excessit humanis. [...] Item scripsit Wilhelmus
librum de apibus gratiosum et librum de naturis rerum. Zu Heinrich von Herford als Enzyklopä-
dist s. Schumann, Heinrich von Herford sowie Ventura, Formen.
23 Ex-libris, in: Paris, Bibliotheque nationale de France, cod. Latin 3586: Thomae Cantipratensis aut
Guillelmi Chorintiensis universale bonum de apibus manuscriptum. S. hierzu die Kataloginforma-
tionen in: Latin 3586 (ancienne cote Targny 90).
24 5. fr. Wilhelmus Brabantinus, Corinthiensis, transtulit omnes libros naturalis et moralis Philo-
sophie de greco in latinum ad instantiam fratris Thome. [...] 6. fr. Thomas Brabantinus scripsit
librum de apibus. Item librum de naturis rerum. Denifle, Quellen zur Gelehrtengeschichte, hier
S. 226f. Zur sozialen Verankerung des Konvents von Barcelona s. Zaldivar, Patricians’ Embrace.
25 Vgl. hierzu die Ausführungen, die im Druck des Bonum universale de apibus von Nikolaus Bonas-
pes (um 1516) direkt an das Werk anschließen: Editus a consummatissimo viro magistro et fratre
Thoma de Cantiprato ordinis fratrum predicatorum Brabantino. Nonnulli eum vocant Johannem.
Alii Guillermum sicut frater Ule ordinis etiam fratrum predicatorum, qui frugiferos discipuli ser-
mones compilavit. S. Thomas de Cantiprato, Liber Apum. Zur Bezeichnung als Johannes von
Cantimpre s. den Autorenhinweis in folgender Handschrift: Den Haag, Koninklijke Bibliotheek,
cod. 135 FH, fol. 230v (Dit boeck heft gecopuliert bruder iohan van voirvelt geboiren in brabant
en glorioes doctoer van der prediker orden) sowie zur Erläuterung Stutvoet-Joanknecht, Der
byen boeck, S. 86.
26 du Puy de Montbrun, Recherches bibliographiques, zu Thomas s. S. 40-44, bes. S. 44: ,,L’ auteur
de cet ouvrage traduit du latin, Thomas de Cantimpre ou Catimpre n’est pas inconnu. II se nommait
avant son entree en religion Guillaume Henri de Leeuw-Saint-Pierre, ä savoir du lieu Leeuw-Saint-
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Insbesondere die Bezeichnung Brabantinus führte in der mittelalterlichen Rezep-
tion jedoch verschiedentlich zu Verwechslungen mit dem dominikanischen Gelehr-
ten und Übersetzer Wilhelm von Moerbeke (1215-1286), der wegen seiner Herkunft
als Wilhelmus Brabantinus bekannt war und aufgrund seiner Erzbischofswürde auch
als „von Korinth“ bezeichnet wurde.21 So schrieb beispielsweise der dominikanische
Gelehrte Heinrich von Herford (ca. 1326-1370) im 14. Jahrhundert Wilhelm von
Moerbeke die Autorschaft am „Bienenbuch“ zu.22 Dass derartige Verwechslungen
auch im 17. Jahrhundert noch nicht ganz ausgeräumt waren, belegt ein aus dieser Zeit
datierender Vermerk in der Handschrift Latin 3586 der Bibliotheque nationale de
France (Paris).23 Andernorts wusste man dagegen schon im ausgehenden 13. Jahr-
hundert zwischen beiden Autoren zu unterscheiden, wie das Inventar des Dominika-
nerkonvents von Barcelona verdeutlicht.24
Möglicherweise war diese falsche Zuschreibung auch der Grund dafür, dass in
späteren Jahrhunderten angenommen wurde, Thomas habe eigentlich den Namen
„Wilhelm“ (mitunter alternativ auch „Johannes“) getragen.25 Gemutmaßt wurde zu-
dem, dass bei der conversio zum Orden der Dominikaner ein anderer Name (Tho-
mas) gewählt worden sei und aus diesem Grund die Namen Wilhelm und Thomas für
dieselbe Person belegt sind.26 Wenig plausibel erscheint schließlich eine dritte These,
21 S. für einen Überblick Aris, Art. „Wilhelm v. Moerbeke“ sowie die Beiträge in Guillaume de
Moerbeke, hg. Brams/Vanhamel.
22 Henr. über, cap. 94, S. 203: Decimo septimo anno Rychardifrater WilhelmusBrabantinus, Chorin-
thiensis, de ordine fratrum predicatorum, rebus excessit humanis. [...] Item scripsit Wilhelmus
librum de apibus gratiosum et librum de naturis rerum. Zu Heinrich von Herford als Enzyklopä-
dist s. Schumann, Heinrich von Herford sowie Ventura, Formen.
23 Ex-libris, in: Paris, Bibliotheque nationale de France, cod. Latin 3586: Thomae Cantipratensis aut
Guillelmi Chorintiensis universale bonum de apibus manuscriptum. S. hierzu die Kataloginforma-
tionen in: Latin 3586 (ancienne cote Targny 90).
24 5. fr. Wilhelmus Brabantinus, Corinthiensis, transtulit omnes libros naturalis et moralis Philo-
sophie de greco in latinum ad instantiam fratris Thome. [...] 6. fr. Thomas Brabantinus scripsit
librum de apibus. Item librum de naturis rerum. Denifle, Quellen zur Gelehrtengeschichte, hier
S. 226f. Zur sozialen Verankerung des Konvents von Barcelona s. Zaldivar, Patricians’ Embrace.
25 Vgl. hierzu die Ausführungen, die im Druck des Bonum universale de apibus von Nikolaus Bonas-
pes (um 1516) direkt an das Werk anschließen: Editus a consummatissimo viro magistro et fratre
Thoma de Cantiprato ordinis fratrum predicatorum Brabantino. Nonnulli eum vocant Johannem.
Alii Guillermum sicut frater Ule ordinis etiam fratrum predicatorum, qui frugiferos discipuli ser-
mones compilavit. S. Thomas de Cantiprato, Liber Apum. Zur Bezeichnung als Johannes von
Cantimpre s. den Autorenhinweis in folgender Handschrift: Den Haag, Koninklijke Bibliotheek,
cod. 135 FH, fol. 230v (Dit boeck heft gecopuliert bruder iohan van voirvelt geboiren in brabant
en glorioes doctoer van der prediker orden) sowie zur Erläuterung Stutvoet-Joanknecht, Der
byen boeck, S. 86.
26 du Puy de Montbrun, Recherches bibliographiques, zu Thomas s. S. 40-44, bes. S. 44: ,,L’ auteur
de cet ouvrage traduit du latin, Thomas de Cantimpre ou Catimpre n’est pas inconnu. II se nommait
avant son entree en religion Guillaume Henri de Leeuw-Saint-Pierre, ä savoir du lieu Leeuw-Saint-