Metadaten

Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0023
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

I. Der Autor

die annimmt, Thomas könne eigentlich „Nikolaus von Cantimpre“ geheißen haben.
Diese Annahme stützt sich auf die Eigenbezeichnung Thomas’ im „Supplement zur
Vita der Maria von Oignies“ als „Bruder N“ und auf deren Auflösung als frater
Nicolaus in der Ausgabe der Acta Sanctorum. Die Herausgeberin der jüngsten Text-
ausgabe, Iris Geyer, hat jedoch richtig darauf hingewiesen, dass „N.“ vielmehr als ein
topisch bescheidener Verzicht auf eine konkrete Namensnennung zu verstehen ist.27
Die intensive Bindung an Cantimpre wird in Thomas’ eigenem Oeuvre auf vielfa-
che Weise betont. Die meisten Beteuerungen dieser Art finden sich - und das vermag
kaum zu überraschen - in der „Vita des Johannes von Cantimpre“, die abzufassen
Thomas zwar als junger Mann begann, die er jedoch erst kurz vor seinem Tod voll-
endete.28 Cantimpre, dessen Namen Thomas von cantus in prato („Gesang auf der
Wiese“) ableitet, einem Sinnbegriff für die Beliebtheit des Ortes vor allem unter jun-
gen Menschen, begegnet dem Leser als Sehnsuchtsort, an dem fromme Männer in
enger freundschaftlicher Verbundenheit ein vorbildhaftes Leben führen.29 Die Be-
deutung von Thomas’ Zugehörigkeit zu oder gar Identifizierung mit Cantimpre
kommt nicht nur darin zum Ausdruck, dass Thomas von Gerald, dem Sachwalter der
Priorei Beilingen, höchstpersönlich mit dem Verfassen der „Vita“ beauftragt wird.30
Sie scheint vielmehr auch in den zahlreichen engen persönlichen Kontakten in der
unmittelbaren Umgebung von Cambrai auf31 und erfährt schließlich in dem Bekennt-

Pierre pres de Bruxelles, oü il est ne vers l‘an 1201. Apres s’etre enfroque dans l’abbaye de Catim-
pre pas loin de Cambray, il prit le nom de Thomas Cantipratanus Brabantus et fut d’abord chanoine
regulier de St Augustin, puis ailleurs religieux de l’ordre de St Dominique. Il est mort vers 1280.”
Den Hinweis auf diese Passage verdanke ich Dr. Mattia Cipriani (Paris/Berlin). Zur Praxis des
Namenswechsels bei der monastischen conversio s. Rolker, Monastische Namenspraktiken; zu
zeitgenössischen Reflexionen der conversio s. Meier, Krise.
27 Vgl. für die „Nikolaus-These“ beispielsweise Daunou, Art. „Thomas de Cantimpre“, hier S. 451
linke Spalte. S. außerdem Jakob von Vitry, Das Leben der Maria von Oignies, hg. Geyer, S. 175,
Anm. a sowie die Edition des lateinischen Textes (Supplementum auctore coaevo Fr. Nicolao [sic!]
Canonico Regulari coenobii Cantipratanty. Thom. Cantimpr. Supplementum, besonders S. 572.
28 S. dazu die Einleitung zur Edition: Thom. Cantimpr. Vita loannis, S. 241-256 sowie Newman,
Introduction, S. 10-11.
29 Thom. Cantimpr. Vita loannis, 1,5,18-21: Vocatum est autem nomen loci Cantipratum quasi cantus
in prato, eo quod inibi quondam iuuentus ciuitatis ob amenitatem loci umbrosorum amorum can-
tibus spatiari solebat.
30 Thom. Cantimpr. Vita loannis, Prolog, 4-7: Venit ad me ex parte uestra uenerabilis Geraldus
procuratorprouidus domus uestre in Bellengen, librum uite expostulans, quem olim apud uos, an-
norum uix triginti trium etatem habens, imperito satis sermone, descripseram. S. auch Hachez, Le
prieme de Cantimpre.
31 Vgl. Thom. Cantimpr. Vita loannis, 1,10,1-5 (Late ciuibus et patrie palet Balduinum Sancti Sep-
ulchri in Cameraco monachum uirum per omnia fuisse religiosum et pium. Hie beatum uirum in
adolescentia religionis uoto frequentans, multa ualde Uhus gesta cognouit. Huius itaque didici
relatione quod narro.) oder ebd., 1,15,45-46 (Quartus post hunc carissimus meus et compatriota
lulianus fuit). In vergleichbarer Weise werden Bekanntschaften rund um Cantimpre im Bonum
universale de apibus aufgegriffen. Vgl. etwa das Exempel über die Seele eines Kanonikers aus
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften