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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0073
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II. Das Werk

Kaum gesondert hervorzuheben scheint zunächst die Bibel als weiterer wichtiger
Textfundus für das „Bienenbuch“.143 Durchaus erwähnenswert ist dagegen die Viel-
falt und Streuung der verwendeten biblischen Zitate (vgl. hierzu das Bibelstellenver-
zeichnis in Anhang 08). Während Thomas von Cantimpre zwar häufiger aus den
Büchern des Alten Testaments zitierte als aus denen des Neuen Testaments, lassen
sich im Gesamt vergleich keine besonderen Nutzungsschwerpunkte erkennen. Viel-
mehr griff er stets auf unterschiedliche biblische Bücher und innerhalb dieser wiede-
rum auf verschiedene Passagen zurück. Entsprechend finden sich im Bonum univer-
sale de apibus auch nur wenige biblische Textstellen, die mehrfach zitiert oder
paraphrasiert wurden.144 Die Bibelnutzung im „Bienenbuch“ zeichnet sich somit
durch eine beachtliche Diversität aus. Dieser Befund korrespondiert mit der zentralen
Bedeutung der Bibel für das predigtorientierte Leben der Dominikaner und mit ihrer
Omnipräsenz in Ausbildungseinrichtungen oder dem dominikanischen Alltag (z.B.
in Form von „Taschenbibeln“).145
Lektüre im „Buch der Natur“
Die maßgebliche Materialgrundlage für seine allegorische Ausdeutung der Bienen-
gemeinschaft bildete Thomas’ eigene monumentale Naturenzyklopädie Liber de na-
tura rerum, die er wohl zwischen 1230 und 1255 abgefasst hatte. In dem aus insge-
samt 20 Büchern bestehenden Werk hatte Thomas von Cantimpre klassisches und
zeitgenössisches Wissen über weite Bereiche der Natur, über Pflanzen, Tiere, Gestei-
ne, Gestirne und die Elemente zusammengetragen und somit eine beeindruckende
Wissenssammlung vorgelegt, die klassische antike wie christliche Autoritäten glei-
chermaßen berücksichtigte.146 Dabei war er in Anlehnung an die aristotelische Natur-
kunde, die eine Beschäftigung auch mit kleinen und scheinbar unbedeutenden Ge-
schöpfen postuliert hatte, für die Ergründung der „Wesenheit“ aller Geschöpfe und
folglich auch ihrer Eigenschaften eingetreten.147 Mithilfe des zusammengetragenen
143 Zur Bibelnutzung im monastischen Bereich s. grundlegend Cochelin, When the Monks. Mit Bezug
auf Mendikanten s. außerdem Roest, Mendicant School Exegesis sowie zur Predigtnutzung Poleg,
A Ladder. Zur Verwendung biblischer Exempel s. Polo de Beaulieu, Exemplum et vulgarisation.
144 Wie die Zusammenstellung und Auswertung der zitierten Bibelstellen zeigt, griff Thomas von
Cantimpre nur auf wenige Stellen mehrfach zurück. Dazu gehören u. a. Ps (G) 44,3, Sap 4,13 oder
Le 18,19.
145 S. dazu erneut Roest, Mendicant School Exegesis sowie Wenzel, Use of Bible.
146 S. hierzu neuerdings Cipriani, Liber rerum e osservazione. Dr. Mattia Cipriani erarbeitet derzeit
eine Neuedition der gesamten Naturenzyklopädie des Thomas von Cantimpre. S. außerdem Voll-
mann, Spätmittelalterliche Naturlehre, Hünemörder, Bedeutung und Arbeitsweise sowie Pollini,
La nature.
147 Thom. Cantimpr. Ldnr prolog, S. 3: Naturas rerum in diversis auctorum scriptis late per orbem
sparsas inveniens cum labore nimio et sollicitudine non parva annis ferme quindecim operam dedi,
ul inspectis diversorum philosophorum et auctorum scriptis ea, que de naturis creaturarum et
earumproprietatibus memorabilia et congrua moribus invenirem, in uno volumine et hoc inparvo
brevissime compilarem.
 
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