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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0100
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II.4. Eine Region erzählen: Personen, Orte und Räume im „Bienenbuch'

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„Sie war nämlich als Enkelin des Herrschers der Römer und Cousine des griechi-
schen Kaisers und Schwester des Fürsten von Achaia von den Eltern und Freunden
darauf vorbereitet worden, in einer vornehmen Ehe verbunden zu werden, durch die
deren Nachkommenschaft erhöht werden könnte.“243
Es bedarf einiger genealogischer Kenntnisse, um die genannten Personen mit Peter
von Courtenay (Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs seit 1217), Robert (Kaiser des
Lateinischen Kaiserreichs von 1221-1228), Balduin (Kaiser des Lateinischen Kaiser-
reichs von 1228-1261) sowie Gottfried II. von Villehardouin (Fürst von Achaia 1228-
1246) zu identifizieren. Für die narrative Dynamik sind aber nicht die Personen
selbst, sondern vielmehr ihre Positionen und Titel entscheidend: Auf diese Weise
wird verdeutlicht, gegen welch prestigiöses Leben Yolanda sich wendet und wie radi-
kal der damit verbundene Schritt ins religiöse Leben ist.
Vor dem Hintergrund dieser Funktionslogik, nämlich dem Konnex mit der Tho-
mas von Cantimpre vertrauten Region, sind auch die Rekurse auf Wilhelm II. (1228-
1256), Graf von Holland seit 1234 und römisch-deutscher (Gegen-)König seit 1247,
zu lesen. Wilhelm II. wird erwähnt, wenn regional prägnante Ereignisse wie z. B. die
militärischen Auseinandersetzungen um den Hennegau (Schlacht von Westkapelle
1253) und der Umgang der Protagonisten damit beschrieben werden244 oder wenn
eine zeitliche Verortung anderer Geschehnisse vermittelt werden soll.245
Wenn die narrativen Verbindungen zu den thematisierten Königshäusern nicht im
biographischen Bezug des Autors (Frankreich) oder den familiären Verbindungen
dieser Familien (Byzanz, Deutschland) in seine Heimatregion begründet sind, dann
erweisen sich die Netzwerke des Predigerordens als ausschlaggebender Faktor für
eine Berücksichtigung im „Bienenbuch“. Allein so ist zu erklären, warum sich in
BUA 11,57,58-59 zwei Abschnitte über die ungarische Königin Maria Laskaris von
Nicäa (ca. 1206-1270), die Ehefrau Belas IV von Ungarn (1206-1270), finden. Zwi-
schen 1260 und 1262 richtete sie Briefe an das Generalkapitel der Dominikaner, um
darin Exempel über den Generalmagister Johannes von Wildeshausen (gest. 1252)
243 Thom. Cantimpr. BUA 11,29,39: Hec enim Romanorum moderatoris neptis et imperatoris Grecie
consobrina et Achate principis soror a parentibus et amicis preparabatur nobilissimis nuptiis co-
pulari, per quam passet eorum posteritas sublimari. S. zu Yolanda Rapp/Rosenberger, Margarethe
und Yolanda von Vianden, Backes, Yolanda von Vianden sowie van Houts, Yolanda of Vianden.
244 S. hierzu Thom. Cantimpr. BUA 11,2,4-5, in dem über den Ausgang der Schlacht als Vorzeichen
bzw. die Fürsorge Mathildes von Brabant, der Ehefrau Wilhelms, mit den Verwundeten berichtet
wird.
245 S. hierfür Thom. Cantimpr. BUA 11,3,9, wo die Belagerung Aachens durch Wilhelm erwähnt wird,
oder ebd. 11,10,32, wo - chronologisch nicht ganz konzise - auf Friedensverhandlungen als zeitli-
cher Rahmen für eine andere Erzählung rekurriert wird (Ilio in tempore cum venerabili Philippo,
priore predicatorum, misso ab illustri Romanorum rege Willelmo ad Alfonsum comitem Pictavie,
fratrem regis etprocuratorem Francie, pro negotiopacis imperii, audivimus ...); s. hierzu auch die
Anmerkungen in der Edition.
 
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