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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0101
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II. Das Werk

mitzuteilen.246 Der Erzählung des Thomas zufolge war Maria, die aufgrund des
Vater-Sohn-Konflikts zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn, Stephan V. (1239—
1272), in Aufruhr war, der Dominikaner Johannes im Traum erschienen und habe ihr
einen guten Ratschlag erteilt. Im Fokus der Erzählung stehen also nicht die ungari-
sche Königin oder der ungarische Königshof, sondern der Ordensbruder Johannes,
dem Thomas von Cantimpre bereits die vorangegangenen Abschnitte (BUA 11,57,55—
57) gewidmet hatte. Ähnlich wie in der Geschichte über Yolanda dienen auch hier
Ansehen und Würde der ungarischen Königin vielmehr dazu, die Prominenz einer
anderen Person (Johannes) zu steigern und die auf ihn bezogenen Erzählungen so
erheblich zu akzentuieren.
Auch die Befunde zum narrativen Umgang mit den Adeligen und Herrschaftse-
liten seiner Zeit fügen sich in das Bild vom regionalen Blickwinkel des Thomas von
Cantimpre ein. Unter jenen im „Bienenbuch“ erwähnten Adeligen, deren Identität
sich eindeutig ermitteln lässt, finden sich vor allem Vertreter der Eliten aus Nord-
frankreich, Flandern und Brabant. Zwar werden Grafen und Gräfinnen der Champa-
gne247 oder von Chartres und Blois248 ebenso wie die Herzoginnen und Herzöge von
Brabant249 mehrfach genannt; sie spielen im Bonum universale de apibus aber keine
vordergründige Rolle. Ihre Erwähnung dient, analog zu den Befunden zu königlichen
Akteuren, vorrangig der zeitlichen oder sachlichen Einordnung des jeweiligen Er-
zählstücks. Darüber hinaus wird die Freigiebigkeit einzelner Herrscher thematisiert,
etwa bei Zuwendungen für bestimmte Klöster oder in exemplarischen Erzählungen
über die caritas. Bemerkenswert ist schließlich, dass die Bedeutung der Herzöge von
Brabant für den Dominikanerkonvent von Löwen oder die Brabanter Bettelordens-
niederlassungen allgemein (s. hierzu Kapitel 1.2) nicht zur Sprache kommt: Thomas
von Cantimpre, der dem Löwener Konvent immerhin über drei Jahrzehnte angehörte,
schenkte weder dessen Geschichte noch seiner Verbindung zu den Brabanter Herr-
schern im „Bienenbuch“ überhaupt Beachtung.250
Als weitaus differenzierter erweist sich dagegen das Bild, das Thomas von Can-
timpre von den religiösen Lebensformen seiner Zeit zeichnete. Entsprechend seiner
Absicht, die ideale Lebensweise sozialer Gemeinschaften ganz grundsätzlich zu be-
schreiben, befasste er sich nämlich mit den Lebensformen und -normen unterschied-
licher religiöser Gruppierungen. So schenkte Thomas von Cantimpre nicht nur
246 S. zum Hintergrund des Kanonisationsprozesses für Johannes von Wildeshausen Klaniczay, Saint
Margaret, S. 9. Zu Johannes s. Rabic, Im toten Winkel.
247 Thom. Cantimpr. BUA 1,7,7; ebd., 1,12,2-3; ebd., 11,46,6.
248 Thom. Cantimpr. BUA 1,16,2; ebd. 11,25,14-15.
249 Thom. Cantimpr. BUA 11,10,8; ebd., 11,29,20; ebd., 11,39,2; ebd., 11,43,6.
250 Lediglich vereinzelt finden sich Hinweise auf Mitglieder des Konvents, s. beispielsweise Thom.
Cantimpr. BUA 11,1,12. Einer der wenigen persönlichen Verweise auf den Löwener Konvent findet
sich in Thom. Cantimpr. BUA 11,57,2, wo über die Translation der Theodulf-Reliquie berichtet
wird. S. dazu auch Kapitel II.4, Abschnitt „Sprache und Kommunikation“.
 
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