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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0113
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III. Die Rezeptionsgeschichte

Wesentlich prominenter sind die Hinweise auf das örtliche Dominikanerkloster in
der Handschrift aus Clermont-Ferrand platziert.21 Während ein moderner Eintrag am
Beginn und ein älterer am Ende der Handschrift den Codex als Eigentum des Konvents
deklarieren,22 enthält ein offenbar in den Deckel eingeklebtes Blatt einen Widmungs-
vermerk an den Vorsteher der Provinz Francia und den Prior des Pariser Dominikaner-
konvents.23 Vergleichbare Anmerkungen zum ordensinternen Kontext finden sich auch
in anderen Handschriften. Fast zweihundert Jahre später notierte etwa der Prediger-
bruder Johannes Burger aus Douai im örtlichen Exemplar des „Bienenbuchs“ in einem
sorgfältigen (und vor allem für die Mechanismen dominikanischer Buchproduktion
aussagekräftigen) Eintrag, dass er selbst, der zuvor schon das Abschreiben und Binden
zahlreicher weiterer Bände der Konventsbibliothek besorgt habe, auch dieses Buch
„vollendet und gebunden“ habe.24 Ein weitaus knapperer Hinweis am Ende desselben
Codex, der im 16. Jahrhundert vorgenommen wurde, setzte einen anderen Akzent, in-
dem er auf den Gebrauchswert des Werkes verwies: demnach war das „Bienenbuch“
„zum Gebrauch der Predigerbrüder von Douai“ gedacht.25
Führt man sich den Widmungsbrief und die darin dokumentierte Intention des
Thomas von Cantimpre, mit seinem „Bienenbuch“ dezidiert Folgegenerationen des
Predigerordens ein nützliches Handbuch mit Predigtmaterial zur Verfügung zu
stellen, noch einmal vor Augen,26 so erscheinen die zitierten Anmerkungen bzw. die
dominikanische Provenienz der Handschriften gleichsam als materielle Manifesta-
tion eines programmatischen Autorenwunschs.
Wer aus dieser vermeintlich ordensspezifischen Überlieferung auf die Gesamtheit
der erhaltenen Handschriften zu schließen versucht, irrt jedoch grundlegend. Mithilfe
21 Zur Geschichte des um 1219 gegründeten Konvents von Clermont s. Chapotin, Histoire des Domi-
nicains, S. 108-110.
22 Clermont-Ferrand, Bibliotheque municipale cod. 103: moderner Vermerk auf fol. Ir (Ex Communi
bibliotheca Ff. Praedicatorum Claromontensium), älterer Vermerk auf fol. 116 (Iste Uber est con-
ventus claromontensi ordinis fratrum predicatorum).
23 Clermont-Ferrand, Bibliotheque municipale cod. 103, eingeklebter Vermerk: Reverendis in Chris-
to patribus, priori principali fratrum predicatorum in provincia Francie, et priori fratrum pre-
dicatorum conventus Parisius et omnibus districtis eiusdem, et omnibus inquisitoribus heretice
pravitatis audacter apperiatur, eciamsi principalis presens non adesset, et postea destinetur re-
verendo patri meo confessori regis Francie, copiam penes vos detinendo. S. auch den Eintrag in:
Catalogue General XIV, S. 31-32.
24 Douai, Bibliotheque municipale, cod. 435, fol. 142v: Iste Uberfuit completus et ligatusper mefrat-
rem Johannem Burgensis, conventus Duaceni, anno Domini 1489, mensis novembris die IX, qui
etiam scripsi tabulam super librum Vincentii hystiorialis, necnon ligavi plura Volumina librorum
in libraria conventus existentium et alibi. Qui eos legerit ex caritate oretpro me. Zur Geschichte
des zwischen 1260 und 1269 gegründeten Konvents von Douai s. Chapotin, Histoire des Domi-
nicains, S. 532-537, Delmaire, Le diocese, Bd. 1, S. 231-258, bes. S. 240 sowie Meersseman, Les
debuts, S. 15-16.
25 Douai, Bibliotheque municipale, cod. 435, fol. 148v: Ad usum Fratrum Praedicatorum Duacensi-
um, 1594.
26 S. dazu ausführlich Kapitel II.3.1.
 
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