Metadaten

Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0115
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
114

III. Die Rezeptionsgeschichte

zengruppe“, denn auch in den Gemeinschaften der Benediktiner (knapp 18%), der
Prämonstratenser bzw. Zisterzienser (je knapp 5%) und Kartäuser (knapp 7%) sowie
in klerikalen (ca. 21%) oder gelehrten Kreisen (ca. 4%) wurde das „Bienenbuch“ ab-
geschrieben und aufbewahrt.
Ein einheitlicheres Bild ergibt sich, wenn man eine geschlechtsspezifische Unter-
teilung nach männlichen sowie weiblichen Auftraggebern bzw. Schreibern vor-
nimmt.30 Soweit bekannt ist, stammen nur zwei lateinische Handschriften aus Frau-
enklöstern - was insofern erstaunlich ist, als das Wirken religiöser Frauen im Werk
eine ausgesprochen prominente Rolle spielt (s. hierzu Kapitel II.4.2).
Codex Ross. 673, der heute in der Biblioteca Vaticana aufbewahrt wird, trägt den
Besitzvermerk aus dem „Haus der Büßerschwestern des Ordens der Heiligen Klara
in Trier“. Diese etwas missverständliche Notiz (Büßerschwestern vs. Klarissen) ver-
weist ebenso wie der auf fol. 1 angebrachte (modernere) Vermerk „Buch der Klaris-
sen in Trier“31 auf eine Trierer Sondersituation: Die Ansiedlung von Klarissen gelang
in Trier erst im 15. Jahrhundert, und zwar im Kloster der seit dem 12. Jahrhundert in
der Stadt ansässigen Reuerinnen.32 Unbenommen von dieser spezifischen Konstella-
tion bleibt die Handschrift damit die bislang älteste bekannte lateinische Fassung des
Bonum universale de apibus, die in ihrer Entstehungszeit um 1400 einer Frauenge-
meinschaft gehörte.
Ebenfalls in Deutschland, jedoch in einem anderen zeitlichen und institutionellen
Kontext, gelangte eine weitere Abschrift des „Bienenbuchs“ in einen Frauenkonvent.
1462 wurde jener Codex vollendet, der heute als Handschrift „452 Heimst.“ in der
Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel liegt. Diese Handschrift war Bestandteil ei-
ner größeren Bücherstiftung, die der Priester Elerus Swarten (gest. ca. 1481) zusam-
men mit einem Geldgeschenk zugunsten der Heininger Augustiner-Chorfrauen tes-
tamentarisch getätigt hatte. Swarten hatte zunächst an der Hamburger Petrikirche
gewirkt und war dann als Kleriker nach Heiningen gewechselt. Dieser pastorale
Tätigkeitskontext schlug sich auch in Swartens Bücherstiftung nieder, die zu den
größten im spätmittelalterlichen Niedersachsen zählte. Swarten bedachte das Heinin-
ger Stift nämlich mit verschiedenen Predigt- und Exempeltexten, unter ihnen auch
eine Abschrift des „Bienenbuchs“.33

30 Grundlegend hierzu: Schlotheuber, Bücher und Bildung sowie Ehrenschwendtner, Bildung,
S. 275-331.
31 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. Ross. 673: 1.) Vermerk auf dem Vorsatzblatt (Codex
domus sororum ordinis sancte clare adpenitentes in treviri)', 2.) Vermerk auf fol. Ir (Liber Claris-
sarum Trevirensium).
32 Vgl. dazu Schmidt, Bettelorden in Trier, S. 81-83.
33 S. zu Swartens Bibliothek und Bücherstiftung Kruse, Stiftsbibliotheken, S. 294-301 sowie Kruse/
Lesser, Privatbibliothek. Mein Dank gilt PD Dr. Benjamin Müsegades (Heidelberg), der auf diese
Stiftungszusammenhänge hinwies.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften