III.2. Provenienz, Sprache, Datierung: Die handschriftliche Überlieferung
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Anders gestaltet sich dagegen die Lage bei den volkssprachigen Handschriften,
von denen sich gleich mehrere Exemplare spätmittelalterlichen Frauenklöstern (z. B.
den Zisterzienserinnen von Lichtenthal, dem Oude Nonnenklooster von Sint Marien-
veld bei Amsterdam oder dem Kloster Marienburg bei Nijmegen) zuweisen lassen
oder in denen sogar Schreiberinnen zu identifizieren sind.34
Im Unterschied zu den Entstehungskontexten zeichnet eine geographische Veror-
tung der Handschriften ein viel homogeneres Bild. Die überwältigende Mehrheit der
Textträger entstand im heutigen Gebiet Belgiens, der Niederlande, Nordfrankreichs
sowie Westdeutschlands, also dem wesentlichen Wirkungs- und auch Erzählbereich
des Thomas von Cantimpre (s. hierzu auch die Karte in Anhang 09).35 36 Diesen Ein-
druck formulierte schon der Archivar Elie Berger, obgleich er für seine Pariser Dis-
sertation 1895 deutlich weniger Handschriften untersucht hatte: Opus, inter annos
circiter MCCLVIII et MCCLXI compositum, ipsa codicum manu scriptorium multi-
tude demonstrate aprincipio, tarn in Gallia quam in pluribus aliis regionibus, multis
notum fuisseX
Dennoch gibt es auch von dieser Regel sprichwörtlich einige Ausnahmen: So wur-
den in Spanien im 14. Jahrhundert mindestens zwei Abschriften des „Bienenbuchs“
angefertigt (Exemplare aus Oviedo und Toledo / heute Madrid), die durch ihren Auf-
bau und Inhalt einen Überlieferungszusammenhang wahrscheinlich machen. Eine
weitere Überlieferungsgruppe (14./15. Jahrhundert) mit eigenen textuellen sowie ord-
nungsschematischen Spezifika findet sich im süddeutschen-österreichisch-böhmi-
schen Raum; auf beide wird noch näher einzugehen sein (s. Kapitel III.3.5). Aus Itali-
en, wo die Dominikaner seit dem 13. Jahrhundert großen Einfluss geltend machen
konnten, stammen dagegen nur wenige Handschriften.
Dass die Mehrzahl aller Handschriften das Werk weitgehend einheitlich betitelt,
dürfte wohl dem Hinweis des Thomas von Cantimpre im Widmungsbrief geschuldet
sein, wonach sein Buch bonum universale de apibus zu nennen sei.37 Entsprechend
führen tatsächlich die meisten Abschriften diesen Titel oder ihm verwandte Formen
an (z.B. Bonum universale de proprietatibus apum, Liber de apibus oder Liber
34 Hierzu gehören beispielsweise folgende Handschriften: Karlsruhe, Badische Landesbibliothek
cod. L 75; Den Haag, Koninklijke Bibliotheek cod. 135. F. 11; Kopenhagen, Det Kongeiige Biblio-
tek, cod. Thott 314 fol. Die Handschrift Gent, Koninklijke Academie voor Nederlandse Taal- en
Letterkunde, cod. 9, wurde laut Schreibervermerk auf fol. 157v von einer Frau (Griet Lodewicx-
dochter aus Antwerpen) kopiert.
35 S. hierzu die Karte in Anhang 09 sowie ausführlich Kapitel II.4.
36 Berger, Thomae Cantimpratensis, S. 16. Zu Berger s. außerdem Kapitel IV.l.
37 Vgl. Thom. Cantimpr. BUA prolog. Auf einer in Namur befindlichen Handschrift wird das Werk
fälschlicherweise durch eine Inschrift auf dem Buchrücken als De natur. Rerum ex P. compilatum
ausgewiesen, s. Namur Musee Provincial des Arts anciens - Fonds de la Ville, cod. 110 B.
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Anders gestaltet sich dagegen die Lage bei den volkssprachigen Handschriften,
von denen sich gleich mehrere Exemplare spätmittelalterlichen Frauenklöstern (z. B.
den Zisterzienserinnen von Lichtenthal, dem Oude Nonnenklooster von Sint Marien-
veld bei Amsterdam oder dem Kloster Marienburg bei Nijmegen) zuweisen lassen
oder in denen sogar Schreiberinnen zu identifizieren sind.34
Im Unterschied zu den Entstehungskontexten zeichnet eine geographische Veror-
tung der Handschriften ein viel homogeneres Bild. Die überwältigende Mehrheit der
Textträger entstand im heutigen Gebiet Belgiens, der Niederlande, Nordfrankreichs
sowie Westdeutschlands, also dem wesentlichen Wirkungs- und auch Erzählbereich
des Thomas von Cantimpre (s. hierzu auch die Karte in Anhang 09).35 36 Diesen Ein-
druck formulierte schon der Archivar Elie Berger, obgleich er für seine Pariser Dis-
sertation 1895 deutlich weniger Handschriften untersucht hatte: Opus, inter annos
circiter MCCLVIII et MCCLXI compositum, ipsa codicum manu scriptorium multi-
tude demonstrate aprincipio, tarn in Gallia quam in pluribus aliis regionibus, multis
notum fuisseX
Dennoch gibt es auch von dieser Regel sprichwörtlich einige Ausnahmen: So wur-
den in Spanien im 14. Jahrhundert mindestens zwei Abschriften des „Bienenbuchs“
angefertigt (Exemplare aus Oviedo und Toledo / heute Madrid), die durch ihren Auf-
bau und Inhalt einen Überlieferungszusammenhang wahrscheinlich machen. Eine
weitere Überlieferungsgruppe (14./15. Jahrhundert) mit eigenen textuellen sowie ord-
nungsschematischen Spezifika findet sich im süddeutschen-österreichisch-böhmi-
schen Raum; auf beide wird noch näher einzugehen sein (s. Kapitel III.3.5). Aus Itali-
en, wo die Dominikaner seit dem 13. Jahrhundert großen Einfluss geltend machen
konnten, stammen dagegen nur wenige Handschriften.
Dass die Mehrzahl aller Handschriften das Werk weitgehend einheitlich betitelt,
dürfte wohl dem Hinweis des Thomas von Cantimpre im Widmungsbrief geschuldet
sein, wonach sein Buch bonum universale de apibus zu nennen sei.37 Entsprechend
führen tatsächlich die meisten Abschriften diesen Titel oder ihm verwandte Formen
an (z.B. Bonum universale de proprietatibus apum, Liber de apibus oder Liber
34 Hierzu gehören beispielsweise folgende Handschriften: Karlsruhe, Badische Landesbibliothek
cod. L 75; Den Haag, Koninklijke Bibliotheek cod. 135. F. 11; Kopenhagen, Det Kongeiige Biblio-
tek, cod. Thott 314 fol. Die Handschrift Gent, Koninklijke Academie voor Nederlandse Taal- en
Letterkunde, cod. 9, wurde laut Schreibervermerk auf fol. 157v von einer Frau (Griet Lodewicx-
dochter aus Antwerpen) kopiert.
35 S. hierzu die Karte in Anhang 09 sowie ausführlich Kapitel II.4.
36 Berger, Thomae Cantimpratensis, S. 16. Zu Berger s. außerdem Kapitel IV.l.
37 Vgl. Thom. Cantimpr. BUA prolog. Auf einer in Namur befindlichen Handschrift wird das Werk
fälschlicherweise durch eine Inschrift auf dem Buchrücken als De natur. Rerum ex P. compilatum
ausgewiesen, s. Namur Musee Provincial des Arts anciens - Fonds de la Ville, cod. 110 B.