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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0126
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III.3. Der Umgang mit Buch und Text

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vorher getätigten: Kolumbus hatte verschiedene patristische, theologische und litur-
gische Werke erworben, in seiner Sammlung befanden sich überdies sprach- und
naturwissenschaftliche sowie medizinische Bücher.
Freilich maßen nicht alle Besitzer ihrem „Bienenbuch“-Exemplar eine solche Be-
deutung zu, wie sie derartig gewissenhafte Einträge erkennen lassen. Gerade für
Sammler in späteren Jahrhunderten scheint das Werk allzu häufig nur eines unter
vielen gewesen zu sein. So notierte beispielsweise Sir Humfrey Wanley (1672-1726),
der Bibliothekar und Archivar der berühmten Harley Library (heute: Harleian Coll-
ection British Library),79 am 22. August 1715 eher beiläufig in sein Tagebuch:
„Der Sekretär brachte verschiedene Handschriften in einem kleinen Päckchen. Sie
haben 10 Guineen gekostet; er erhielt das Geld sofort. Darunter waren: Schriften von
Gennadius d.Ä. und Gennadius d.J., ein schönes altes Psalterbuch in normannisch-
französischer Sprache, Thomas von Cantimpre, Bonum universale, sowie eine
Sammlung mit Zeichnungen von Knotengärten.“80
Ein anderes, ähnlich beredtes Beispiel für den Umgang mit umfangreichen Bestän-
den bietet die Auflösung der Bibliothek der nassauischen Abtei Schönau 1821, zu der
Handschrift Nr. 26 der heutigen Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain in
Wiesbaden gehörte. Als Johannes Weitzel, seit 1821 Bibliothekar der Landesbiblio-
thek, im August desselben Jahres das Kloster besuchte, um die Überführung seiner
Bestände in Wiesbadener Sammlungen zu organisieren, geschah dies, wie Weitzel
berichtete, auf klösterlicher Seite recht leidenschaftslos:
„Ein Geistlicher von 81 Jahren, der in Schönau wohnt, gab mir ohne alle Erörterung
und Erklärung den Schlüssel zu der von ihm nicht sehr geschätzten Büchersamm-
lung, mit der Versicherung, es sei nichts Gutes da, und den ganzen Vorrath könne ich
leicht für 50 Gulden an mich kaufen, wenn ich anders Lust dazu hätte.“81
IIL3.2. Shared reading: Schenken, Leihen und Verleihen
Für die mittelalterliche Rezeption des „Bienenbuchs“ lässt sich diese Lässigkeit ge-
genüber existierenden Beständen nicht nachweisen - ganz im Gegenteil: beständig
79 Zu Wanley s. Wright, Fontes Harleiani, S. 341-346 sowie Heyworth, Art. „Wanley“.
80 „22 August 1715: The Secretary brought in a small Parcell of MSS. At 10 Guineas price; which
were paid him instantly. A Greek Nomo-canon written here by old Gennadius the Archimandrite
& the younger Gennadius the Deacon his Nephew. An Antient & fine Psalter, &c. in old Norman-
French. Thomae Cantipratensis Bonum Universale. A Collection of Drawings for Garden-knots.“
Wanley, The Diary, Bd. 1, S. 14-15.
81 Zit. nach Gotting, Die öffentliche Bibliothek, S. 92-93, hier 93. Weitzel ließ sich das „Angebot“
offenbar nicht entgehen, denn er ließ umgehend ca. 4000 Bände nach Wiesbaden bringen, s. ebd.
S. 219-220. S. auch Stork, Mittelalterliche Codices, S. 31.
 
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