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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0164
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III.3. Der Umgang mit Buch und Text

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Bei dem Text handelt es sich um Frömmigkeits- und Gebetsformeln {oratiunculaj,
die der Erzbischof offenbar nach oder während der Lektüre zu einzelnen Abschnitten
des „Bienenbuchs“ anfertigte. Für die Rezeptionsgeschichte des Bonum universale de
apibus sind diese Kommentare von besonderer Bedeutung, denn während sonst zu-
meist einzelne Passagen des Werks weitergegeben wurden, sind die Anmerkungen
des Prager Erzbischofs ein einzigartiger und zudem zeitlich recht früher Beleg dafür,
dass das „Bienenbuch“ auch als Gesamtwerk wahrgenommen und rezipiert wurde.219
Der Text legt nahe, dass sich Ernst von Pardubitz systematisch durch den Text ar-
beitete, denn seine Kommentare paraphrasieren zentrale Aussagen oder Formulie-
rungen eines jeden Kapitels, geben sie in personalisierter Perspektive wieder und
ergänzen sie an einzelnen Stellen.220
Hinsichtlich der Ausgestaltung und Anordnung dieser Gebetskommentare sind in
den jeweiligen Codices allerdings beträchtliche Unterschiede festzustellen. In der
Wittingauer Handschrift (Praha, Närodni knihovna Ceske republiky, cod. XII B2)
sind die oratiuncula zu dem in insgesamt 87 Kapiteln untergliederten „Bienenbuch“
als Randnotizen unter bzw. neben dem betreffenden Abschnitt angeordnet. Dagegen
findet sich in der Raudnitzer Handschrift (Praha, Knihovna Närodniho muzea, cod.
XIIF3) eine deutlich kürzere und divergent gestaltete Fassung der Gebetskommenta-
re: Anders als im Wittingauer Exemplar ist der Text nicht in Form von Marginalien
überliefert, sondern als Fließtext, der unter der Überschrift Incipit collecta super
quedam dicta apiarij an das „Bienenbuch“ anschließt (fol. 274v-275r). Der Text, des-
sen Autorschaft in einem Explicit auf fol. 275r gesichert wird {Super istaXII Capitala
apiarij contemplatus est Arnestus primus archiepiscopus sancte pragensis ecclesie),
umfasst Anmerkungen zu den ersten zwölf Kapiteln in Buch des Bonum universale
de apibus. Nicht nur in dieser Hinsicht handelt es sich um eine knappere Fassung:
Wie ein Textabgleich mit den von Vyskocil edierten Anmerkungen aus dem Wittin-
gauer Codex XII B2 zeigt, sind einige Kommentare in der Raudnitzer Handschrift
gekürzt oder geringfügig umformuliert, und auch einige Abschnittswechsel variieren
von der in der Wittingauer Abschrift vorgenommenen Einteilung.221
nobisprovidius. Zitiert nach Goeber, Katalog r^kopisow, S. 604-605. S. außerdem Starnawska,
Gemeinschaft der Intellektuellen, S. 219.
219 Der Text der Gebetsformeln wurde 1947 durch Jan Kapistran Vyskocil ediert: Vyskocil, Arnost z
Pardubic, S. 259-270. Bereits im 17. Jahrhundert hatte ihn Bohuslav Balbin in seinen „Miscellanea
historica Regni Bohemiae“ gedruckt (Band 1,4, S. 89-92).
220 So wird beispielsweise der in BUA 1,2,2 befindliche Abschnitt Si ergo culpabiles sunt, qui littera-
tospotentes nobiles sine moribus et carnales, morigeratos et spiritualibus virispreferuntdoci Ernst
von Pardubitz zu Sapientibus mundi et secundum carnem nobilibus morigeratos et spirituales vi-
rospreferam. Vyskocil, Arnost z Pardubic, S. 259.
221 So heißt beispielsweise in der Wittingauer Handschrift (Praha, Närodni knihovna Ceske republiky,
cod. XII B2) der Beginn des Kommentars zu BUA 1,7: Hie cultus superfluus in prelato dampnatur
et de monachis vide lascivis habitum exuentibus demonis fragore et vestibus eorum et aliorum.
Cultu vestium superfluo et cibi non utar Augustini exemplo Christi, Johannis baptiste et Benedicti,
 
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