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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0189
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IV. Die Edition

Untergruppe 3: Die dritte Untergruppe ist zugleich die größte. Ihr gehören neun
Handschriften an (Ml, M2, M3, M4, W8, La, Pr2, Wrl, Wr2), die alle nach dem Text-
ende des „Bienenbuchs“ eine zusätzliche Sammlung von Exempeln rund um den
dominikanischen Ordensmeister Jordan von Sachsen enthalten (Incipit: Contigitfrat-
rem lordanem). Dieser Text ist jedoch nicht in allen Handschriften gleich lang über-
liefert, weshalb ein Vergleich eine weitere Unterteilung erlaubt:
- 6 Handschriften, die vornehmlich im 15. Jahrhundert in Benediktiner- und Zis-
terzienserklöstern in Bayern und Österreich entstanden (Ml-Andechs;67 M2-
Benediktbeuern;68 M3-Tegernsee69; M4-Fürstenfeld;70 W8-Mondsee;71 La-
Lambach72), enthalten insgesamt nur 5 Exempel über Jordan.
- 3 Handschriften aus dem 15. Jahrhundert überliefern eine deutliche längere
Version, die mehr als 70 Jordan-Exempel bietet. Diese Codices entstanden im
Umfeld der Augustiner-Chorherren im böhmischen Wittingau (Tfebon: Pr273),
im schlesischen Sagan (Zagan: Wrl74) und der Dominikaner von Breslau
(Wroclaw: Wr275).
Die Aussagekraft dieser Klassifizierung erschließt sich nicht sofort - zu disparat er-
scheinen soziale und geographische Entstehungskontexte der Codices. Korreliert
man jedoch die textimmanenten Kriterien mit den Verbindungen und Kontaktnetz-
werken der betreffenden Institutionen, offenbart sich ein erstaunliches Bild regiona-
ler Austauschprozesse.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich beispielsweise, warum zwei Handschriften aus
Untergruppe 1 (W4, Wl) eine beinahe deckungsgleiche Kapitelstruktur haben wie die
böhmische Handschrift Pr2 aus Untergruppe 3: Die Klöster, denen diese Handschrif-
ten gehörten oder in deren Kontext sie entstanden, standen rund um das böhmische
Reformkloster Raudnitz (Roudnice) in einem engen Austausch. So war das Augustiner-
Chorherrenstift Wittingau (Tfebon), wo die Handschrift Pr2 seit Beginn des 15. Jahr-
hunderts verwahrt wurde, 1367 als Filiation des Raudnitzer Reformklosters gegründet
67 München, Bayerische Staatsbibliothek, cod. Clm 3054.
68 München, Bayerische Staatsbibliothek, cod. Clm 4693.
69 München, Bayerische Staatsbibliothek, cod. Clm 18430.
70 München, Bayerische Staatsbibliothek, cod. Clm 7000, s. die ausführliche Handschriftenbeschrei-
bung in Abschnitt IV.4.5.
71 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, cod. 3761. S. Unterkircher, Die datierten Handschrif-
ten 1451 bis 1500, S. 96 sowie Holter, Buchkunst.
72 Lambach, Stiftsbibliothek, cod. Ccl. 34. Die Handschrift ist den Angaben von Resch, Handschrif-
ten-Katalog, S. 117, zufolge nicht mehr vorhanden. Aus den Kataloginformationen ist der Inhalt des
Codex jedoch zu rekonstruieren.
73 Praha, Närodni knihovna Ceske republiky, cod. XIIB2. S. Kapitel III.3.5., Abschnitt „Ein Werk im
Werk“.
74 Wroclaw, Biblioteka uniwersytecka, cod. IV F 53. S. dazu Swierk, Schreibstube, S. 129-130 sowie
Swierk, Sredniowieczna biblioteka, S. 46.
75 Wroclaw, Biblioteka uniwersytecka, cod. IV F 64. S. dazu Mittelalterliche Schachzabelbücher, hg.
Plessow, S. 123, Anm. 127 sowie Zawadzka, Biblioteka, S. 324.
 
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