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BUA 1,1
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Und bald darauf sagte die Rekluse zu dem Kanoniker: „Sieh also zu, mein
Teuerster, dass du geheim hältst, was du gehört hast, solange bis es
geschehen ist.“ Der fromme Mann aber brach vor Freude in Tränen aus und
pries mit Staunen den Herrn. In welcher Weise dies aber geschehen sollte,
hatte er freilich wegen der Schlechtigkeit der Wählenden nicht wissen 5
können, wenngleich er nicht zweifelte, dass es geschehen würde.
Wer aber Mauritius war, wollen wir kurz erläutern. Er fungierte in der
Kirche von Troyes als Erzdiakon und ging in der Diözese zu Fuß umher und
besuchte diese mit dem Stab auf dem Boden als Prediger. Nachdem er aber
bald darauf das Amt des Erzdiakons aufgegeben hatte, bat er innig ein 10
Kloster schwarzer Nonnen7, durch deren Almosen er als Knabe aufgezogen
worden war, dass er sie zu einem fehlerfreieren Leben anleiten und das rohe
Volk des Landes mit Predigten erziehen dürfe; und die Wirkung hat ihn
nicht getäuscht.
Was noch? In Le Mans kam es zur Wahl; gewählt wurden zwei, der Propst 15
und der Dekan. Der Erstgenannte war ein verständiger und edler Mann, der
andere aber war gebildet und reich. Da also keiner dem anderen weichen
wollte, sagte der Propst zu dem Dekan: „Ich sehe nicht, dass das Bistum für
mich günstig ist; aber für dich auch nicht; mir genügt die Ehre, dir der
Reichtum; ich will vor dir nicht weichen und du nicht vor mir. Es bleibt also 20
nichts, außer dass die teils schon zersplitterte Kirche durch unseren Prozess
gänzlich gelähmt wird. Ich möchte also - wenn ihr das auch wollt -, dass
wir unter uns einträchtig einen von seinem Leben her bewährten und
demütigen Mann verlangen, der den Untergang unseres Streites will und
alles wiederherstellen kann. Siehe, jener ehrwürdige Mauritius ist ein Mann, 25
der sich in einzigartiger Weise im gesamten Bereich der Gerechtigkeit
auszeichnet und der die ganze Welt mit seiner wertvollen Fürsorge
beherrschen könnte. Ich bin mit meinen Gefolgsleuten bereit, einen solchen
Mann zu verlangen; und ich glaube recht sicher, dass sich jeder, der
widerspricht, Gott und seinem Heil widersetzen wird.“ Bald darauf lachte 30
der Dekan. „So soll es geschehen“, sagte er, „aber unter einer Bedingung:
wenn er das Bistum nicht akzeptieren will, soll die Position an mich gehen.“
Daraufhin rief der Propst frohlockend: „Es soll bestätigt werden und
geschehen.“ Und bald darauf wurde die Forderung mit der Zustimmung
7Benediktinerinnen, die Benennung leitet sich aus der Farbe des Ordensgewandes ab.
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Und bald darauf sagte die Rekluse zu dem Kanoniker: „Sieh also zu, mein
Teuerster, dass du geheim hältst, was du gehört hast, solange bis es
geschehen ist.“ Der fromme Mann aber brach vor Freude in Tränen aus und
pries mit Staunen den Herrn. In welcher Weise dies aber geschehen sollte,
hatte er freilich wegen der Schlechtigkeit der Wählenden nicht wissen 5
können, wenngleich er nicht zweifelte, dass es geschehen würde.
Wer aber Mauritius war, wollen wir kurz erläutern. Er fungierte in der
Kirche von Troyes als Erzdiakon und ging in der Diözese zu Fuß umher und
besuchte diese mit dem Stab auf dem Boden als Prediger. Nachdem er aber
bald darauf das Amt des Erzdiakons aufgegeben hatte, bat er innig ein 10
Kloster schwarzer Nonnen7, durch deren Almosen er als Knabe aufgezogen
worden war, dass er sie zu einem fehlerfreieren Leben anleiten und das rohe
Volk des Landes mit Predigten erziehen dürfe; und die Wirkung hat ihn
nicht getäuscht.
Was noch? In Le Mans kam es zur Wahl; gewählt wurden zwei, der Propst 15
und der Dekan. Der Erstgenannte war ein verständiger und edler Mann, der
andere aber war gebildet und reich. Da also keiner dem anderen weichen
wollte, sagte der Propst zu dem Dekan: „Ich sehe nicht, dass das Bistum für
mich günstig ist; aber für dich auch nicht; mir genügt die Ehre, dir der
Reichtum; ich will vor dir nicht weichen und du nicht vor mir. Es bleibt also 20
nichts, außer dass die teils schon zersplitterte Kirche durch unseren Prozess
gänzlich gelähmt wird. Ich möchte also - wenn ihr das auch wollt -, dass
wir unter uns einträchtig einen von seinem Leben her bewährten und
demütigen Mann verlangen, der den Untergang unseres Streites will und
alles wiederherstellen kann. Siehe, jener ehrwürdige Mauritius ist ein Mann, 25
der sich in einzigartiger Weise im gesamten Bereich der Gerechtigkeit
auszeichnet und der die ganze Welt mit seiner wertvollen Fürsorge
beherrschen könnte. Ich bin mit meinen Gefolgsleuten bereit, einen solchen
Mann zu verlangen; und ich glaube recht sicher, dass sich jeder, der
widerspricht, Gott und seinem Heil widersetzen wird.“ Bald darauf lachte 30
der Dekan. „So soll es geschehen“, sagte er, „aber unter einer Bedingung:
wenn er das Bistum nicht akzeptieren will, soll die Position an mich gehen.“
Daraufhin rief der Propst frohlockend: „Es soll bestätigt werden und
geschehen.“ Und bald darauf wurde die Forderung mit der Zustimmung
7Benediktinerinnen, die Benennung leitet sich aus der Farbe des Ordensgewandes ab.