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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0278
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BUA 11,3

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eigen und ich bezweifle nichts von dem, was unser Papst durch die Legaten
seiner Macht zu tun befohlen hat.
[11] Aber viele Gläubige können sich darüber nicht genug wundem; sie
kaufen sich mit Geld vom Kreuz los und dies in einer so mäßigen Menge
Geldes, dass sie kaum den zehnten, kaum den zwanzigsten oder sicherlich 5
kaum den hundertsten Teil wenigstens ihrer beweglichen Güter, ohne
Verletzung der unangetasteten Erbschaften, zu geben bereit sind. Weil ihnen
nämlich der Weg der Mühe nicht gefiel oder sie sicher sahen, dass die Zeit
ihrer Einkünfte zu Grunde ging, verlangten sie Dispense und Rom
vermehrte die Legaten, die diese, durch Vermittlung des Geldes, heiligen 10
und durch Ablassbriefe von ihrer Schuld befreit erklären. Gut ist das Opfer,
das von den Sünden befreit; gut und schön sind die Ablassbriefe, die eine
Seele sicher und rein von aller Schuld und Strafe machen.
[12] Aber ach, wie viele Mönche gibt es im Zisterzienserorden und
anderswo in Klöstern, die lange Fastenzeiten, lange Zeit strenge Zucht, fast 15
ständige Stille, raue Kleidung, Nachtgebete und in all diesen Dingen ein
ärmliches Leben und kaum irgendeinen Trost hatten und trotzdem noch
keine Ablassbriefe für ihre Sünden erhalten haben. Ich glaube dir, Paulus,
aber auch deinen Nachfolgern im Apostelat, ich glaube dir, sage ich, der du
mit wahrredendem Mund gesagt hast: Dies wird der Herr jedem einzelnen 20
„gemäß seiner Mühe zurückgeben.“ Ich will hinsichtlich der Predigerbrüder
schweigen, die mürbe gemacht wurden vom ständigen Studieren und von
den Nachtgebeten, die „kein Geld im Gürtel“ haben, sondern „Pergamente“
(besonders Schriften des Paulus), die sich nicht mit Pferden oder Wagen,
sondern mit müden Gelenken und Füßen fortbewegen und mit ihren 25
Predigten durch die Lande ziehen.22 Aber was soll ich denn über die
Minderbrüder sagen? Die, die gegürtet mit einem harten Seil und ohne die
schützende Hülle einer Kopfbedeckung oder eines Mantels, nur bekleidet
mit einer Tunika über dem nackten Körper, mit bloßen Füßen über eiskalten
Schnee gehen wie über Wolle und ihr tägliches Brot wie die Armen 30
erbetteln? Was, frage ich, soll ich über solche Menschen sagen? So gewiss

22Zwr Bedeutung des „Völkerapostels" Paulus im Dominikanerorden s. SPRINGER, Paulus, S.
461-466.
 
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