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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0408
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BUA 11,14

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dem Engel geben? Welcher Engel dem Menschen?“ Jesaja ruft: „Herr, du
wirst uns Frieden geben!“ Darüber sagt der heilige Augustinus: Gib uns den
Frieden des Herzens, „den Frieden der Ruhe, den Frieden des Sabbat, den
Frieden ohne Abend.“ Und dieser letzte bedeutet die Ewigkeit, über die
David frohlockend ruft: „Ganz in Frieden werde ich daselbst schlafen und 5
ruhen.“ Zu diesem Frieden wird jedoch niemand kommen können, der
weder gegenüber Gott, noch gegenüber sich selbst, noch gegenüber seinem
Nächsten Frieden gehalten hat. Und dies ist freilich der Elendigste,
elendiger geradezu als jeder Elende.
[6] „Ein großes und glorreiches Ding ist“, wie der Philosoph sagt, „die 10
menschliche Seele; sie lässt sich keine Grenzen setzen außer denen, die sie
mit Gott teilt.“ „Kein Zeitalter ist großen Talenten verschlossen, keine Zeit
ist dem Denken nicht zugänglich.“ „Die Größe des Geistes ist niemals
größer als wenn sie Fremdes abgelegt und sich Frieden geschaffen hat,
indem sie nichts fürchtet, sich Reichtum geschaffen hat, indem sie nichts 15
begehrt.“ „Du fragst, welcher ist des höchsten Gutes Ort? Die Seele: Wenn
sie nicht rein und heilig ist, nimmt sie“ - wie Seneca7 sagt - „Gott nicht
auf.“ „Verzichte auf alle Last und sei frei für den guten Geist; es kommt
nämlich niemand zu ihm, der beschäftigt ist.“ „Verjage, was auch immer
dein Herz zerreißt; wenn es anders nicht herausgezogen werden kann, muss 20
dein Herz selbst mit ihnen herausgezogen werden.“ „O wann wirst du jene
Zeit sehen, da du wissen wirst, dass die Zeit dich nicht bis ins Innerste
betrifft.“ Dann wird unsere Seele Anlass haben, sich zu beglückwünschen,
wenn sie die Finsternis vertrieben hat, in der sie herumgewälzt wird, nicht
mit schwachem Blick heimlich schaut, sondern den ganzen Tag zulässt und 25
ihrem Himmel zurückgegeben wird.“ „Wer zu seinem Ziel gelangen will,
soll einen einzigen Weg verfolgen und sich nicht über viele verbreiten.“

7Lucius Annaeus Seneca der Jüngere (gest. 65 n. Chr), s. Anm. 4.
 
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