Metadaten

Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0470
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5
10
15
20
25
30

BUA 11,23

465

aus der Seele heraus, und nicht weil es notwendig ist.“ „Daher ist das Gute
des Menschen die Tugend selbst, die zwischen diesem Schicksal und jenem
- das heißt: zwischen widrigen und glücklichen Umständen - an die
hochmütigen Dinge mit großer Geringschätzung für beide herantritt.“
„Wir schätzen niemanden nach dem ein, was er ist, sondern wir sprechen 5
jenem auch das zu, mit dem er sich schmückt. Und wenn du die wahre
Einschätzung des Menschen beginnen und wissen willst, wie beschaffen
und wie groß er ist, betrachte ihn nackt; er soll das Erbe ablegen, er soll die
Ehren ablegen und andere Täuschungen seines Vermögens und den Körper
selbst ablegen; blicke auf den Geist, wie beschaffen und wie groß er ist, 10
groß durch Fremdes oder sich selbst.“ „Der Körper bedarf vieler Dinge,
damit es ihm gut geht; der Geist wächst aus sich selbst, nährt sich selbst, übt
sich selbst.“ „Was brauchst du, damit du gut bist? Wollen.“ „Wisse, dass du
dann in jeder Tugend vollkommen bist, wenn du dorthin gelangt bist, dass
du Gott um nichts bittest, wenn du nicht auch öffentlich darum bitten 15
kannst.“ „Lebe also so mit den Menschen, als ob Gott es sieht. Rede so mit
Gott, als ob die Menschen es hören.“ „Die Tugend bedarf keiner
Auszeichnung, sie selbst ist sich große Zier.“ „Der Tugend ist es nicht
gestattet zurückzugehen; was auch immer sie berührt, zieht sie in
Ähnlichkeit zu sich selbst an sich; was auch immer sie betrieben hat, macht 20
sie liebenswert, hervorstechend und wunderbar.“ „Jede Tugend besteht im
Maß, das Maß ist eine sichere Größe.“ „Die Anlage zur Tugend weckt die
Tugend nicht, weder macht eine harte noch eine schwierige Anlage sie
schlechter, noch macht eine fröhliche und heitere Anlage sie besser.“ „Auf
die Art, wie die Helligkeit der Sonne kleinere Lichter verdeckt, so vernichtet 25
und unterdrückt die Tugend Schmerzen, Beschwerlichkeiten und
Ungerechtigkeiten durch die eigene Größe. Nachteile haben auch nicht mehr
Anteil als der Regen im Meer, wenn sie auf die Tugend treffen“. „Die
Tugend kann nicht größer gemacht werden, sie ist von einer einzigen
Größe.“ „An dem Tag, an dem Cato4 verschmäht wurde, spielte er; in der 30
Nacht, in der er sterben sollte, las er. Zugleich sah er sich Glück wünschen

^Marcus Porcius Cato d. J. (95 v. Chr.-46 v. Chr), römischer Staatsmann, Stoiker und
führender Vertreter des Widerstands gegen das Triumvirat aus Caesar, Pompeius und Crassus.
56 v. Chr bewarb sich Cato (erfolglos) um das Amt des Praetors, um seine oppositionelle
Haltung gegen das Triumvirat gleichsam institutionell zu markieren. Nach einer Niederlage der
Republikaner gegen Caesar nahm sich Cato 46. v. Chr. das heben. S. zum Rekurs auf Cato in
mittelalterlichen Sprichworten und Exempelerzählungen CARRON, Presence (die jedoch nicht auf
Thomas ’ Darstellung eingeht).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften