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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0524
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BUA 11,28

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hast dich zu seiner Schmach mit scharlachroten Gewändern geschmückt.
Hüte dich, Mutter, hüte dich, Liebste, davor, dich wegen der Röte deiner
Gewänder in die Strafe des ewigen Feuers zu stürzen.“ Und unverzüglich
legte die Mutter, weil sie bei den Worten des Sohnes nicht wenig
erschauderte, ihre Gewänder ab und weigerte sich gänzlich, diese oder 5
derartige Gewänder weiterhin zu gebrauchen.
[6] Aber was halte ich mich auf? Es wäre nämlich unmöglich, jemals mit
Worten zu beschreiben, wie groß die Würde seiner Sitten war, wie groß die
Emsigkeit beim Gebet, wie groß die Strenge seiner Augen, wie groß die
Demut, wenn er einherschritt und wie groß die Vollkommenheit beim 10
Reden. Und freilich übertraf er darin auf wundersame Weise alle, weil nur
das Alter und die Glieder des kleinen Körpers den Knaben erkennen ließen,
die Sitten aber und seine Handlungsweise einen Mann von vollkommener
Tugend in allen Dingen anzeigten.
[7] Dieser hatte noch nicht das Alter von sieben Jahren vollendet und 15
„obgleich er es früh zur Vollendung gebracht hatte, vollendete er doch viele
Jahre, denn seine Seele gefiel Gott.“ „Er wurde entrückt, damit kein Übel
seinen Verstand und keine Täuschung seine Seele hinterging.“ Als er sich
dem Tod näherte, beichtete er einem Priester und erbat das Sakrament des
Körpers Christi. Aber als der Priester dies wegen eines Verbots des 20
Generalkonzils, wonach bei einem so jungen Knaben nicht die Beichte
abgenommen werden sollte,4 nicht zu tun wagte, sagte der Knabe mit der
wunderbaren Gnade der Worte, während er die Hände zum Himmel
gestreckt hielt: „Du weißt, Herr Jesus Christus, dass es mein größtes
Verlangen ist, dich zu haben. Ich habe zu dir gebetet und getan, was ich 25
musste, und ich hoffe zuversichtlich, dass ich in deiner Gegenwart nicht
getäuscht werde.“ Mit diesen Worten tröstete er die Eltern, die dabei saßen
und weinten, und indem er zu Besserem aufrief, gab er unter Worten der
Ermahnung, des Gebets und des Lobes Gott seinen Geist unbefleckt zurück.

^Dieser Verweis bezieht sich auf einen Beschluss der Synode von Rouen 1235, der es untersagte,
Kindern unter sieben Jahren die Kommunion zu erteilen. S. hierzu BROWE, Kinderkommunion, S.
97-99.
 
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