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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0844
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BUA 11,49

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gewisser Bruder Bernhard vom Predigerorden mit einem Begleiter und bat
demütig und gleichsam unter Tränen, dass sie sich verschonen, von ihrem
sinnlosen Vorhaben absehen und Mitleid mit der Christenheit und der
versehrten Mutter Kirche haben mögen, die zu jener Zeit in Ungarn, Kiew12
und Polen elendiglich durch die Tartaren verwüstet wurde.13 Und weil es 5
viele gegeben hätte, die auf dessen Bitten hin sehr gerne vom Turnier
abgesehen hätten, verhöhnte ein gewisser Graf „de Castris“14 den Bruder
und diejenigen, die wie er dachten; und dann eröffnete der äußerst
Unglückliche, nachdem Scharen von Rittern versammelt worden waren,
jenes todbringende Turnier. 10
Aber am Morgen desselben Tages schien es, wie von mehreren berichtet
wurde, dass eine gewaltige Erdscholle gleichsam in die Luft gehoben wurde
und dass für längere Zeit um sie herum und oberhalb von ihr rabenartige
Vögel mit lautem Krähen flogen. Und ich glaube nicht, dass diese etwas
anderes als Dämonen waren, die dieses Spektakel als Vorzeichen für 15
künftiges Übel gaben. Und als ohne Verzögerung dann das Turnier
veranstaltet wurde, fielen Ritter und ihre Gefolgsleute zu Häuf und in
solcher Masse dem Tode, einige dem Wahnsinn und nicht wenige auch
dauerhafter Krankheit zum Opfer, dass keiner bezweifelte, dass dies nicht
nur ein Spiel von Menschen, sondern - höchst wahrhaftig mit göttlicher 20
Rache - auch von Dämonen war. Insgesamt aber wurden bis zu 367
Gefallene gezählt. Unter diesen, sagt man, sei als Erster jener Graf „de
Castris“ gefallen, der dem besagten Predigerbruder trotzig widersprochen
hatte.
In der Nacht, die auf den Tag folgte, an dem diese Dinge geschehen waren, 25
wurden nahe bei einem Dorf in Brabant, das „Ijska maior“15 genannt wird,

nDie Übersetzung folgt PLATELLE, Les exemples, S. 202 sowie STUTVOET-JOANKNECEIT, Der
byen boeck, S. 195. | 13 Eroberungszüge der Mongolen („Mongolensturm" 1237-1242), die aus
östlicher Richtung gen Westen bis nach Mitteleuropa (Polen, Ungarn) führten. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 11,2,3. | ^Möglicherweise ist hier Friedrich II. (I.) (gest.
um 1251), Graf zu Castell seit 1234, gemeint, s. die Genealogie bei MEYER, Haus Castell, S. 51.
Ein spätmittelalterlicher Druck des „Bienenbuchs" aus Köln (Johann Koelhoff 1479) ergänzt
jedoch quidam comes de Castris alias de Marka. Vgl. Thom. Cantimpr. BUA, ULB Darmstadt,
inc-iv-342, fol. 95r Schriebe Thomas über die Grafen von der Mark, müsste es sich hier um
Adolf I. von der Mark (gest. 1249) handeln. Wie Levold von Northof, der im 14. Jahrhundert in
seiner „Chronik der Grafen von der Mark” eine Verbindung der Familie zum Neusser Turnier
herstellte, allerdings berichtete, kam jedoch nicht Adolf, sondern dessen Sohn Eberhard in
Neuss zu Tode: Everhardus, qui fäiit maior natu, strennuus et fortis viribus, torneamento apud
Nussiam mortuus est. Levold von Northof, Chronik, hier S. 34. S. dazu auch WEBER, Graf Adolf
L, besonders S. 38f. | xiDie Übersetzung folgt der Ortsangabe bei Colvl627, S. 445 sowie
PLATELLE, Les exemples, S. 203.
 
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