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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0866
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BUA 11,49

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[22] Dass aber unzüchtige Gesänge von den Dämonen geschaffen und dem
Geist der Verderber eingepflanzt werden, sagte ein gewisser, sehr
nichtsnutziger Dämon, der in Nivelles, einer Stadt in Brabant, im Jahre des
Herrn 1216 ein edles Mädchen verfolgte, deutlich vor dem Volk, welches
zuhörte: „Dieses berühmte Lied über Martin habe ich mit meinem Kollegen 5
komponiert und in unterschiedlichen Ländern Frankreichs und Deutschlands
bekannt gemacht.“ Es war aber ein äußerst schlechtes und mit
ausschweifenden Tönen gefülltes Lied.
[23] Es gibt aber auch noch ein sechstes, anderes Geklirre der Dämonen, das
sehr verdammungswürdig und schädlich für die Seelen der Gläubigen ist, || 10
das Spiel nämlich, das bei der Wache für die Verstorbenen gewöhnlich häufig praktiziert
wird. || Darüber habe ich einen gewissen Bruder des Predigerordens sprechen
gehört, dem geschah, was ich nun anfüge. Er hatte zum Predigen ein
gewisses Dorf betreten und war am Morgen in den Söller hochgestiegen, um
zu ruhen. Und siehe da, im gegenüberliegenden Haus kamen zwei ruchlose 15
junge Männer zum Begräbnis eines Verstorbenen zusammen und wachten,
wobei sie ihre Zeit mit unsittlichen Spielen verbrachten. Als der Bruder dies
durch das gegenüberliegende Fenster hindurch sah und hörte, lastete es
schwer auf ihm und er begann reichlich zu weinen und bedauerte den
Wahnsinn der Ruchlosen. Sofort als er sich auf das Bett gelegt hatte, stand 20
ein gewisser Mann neben dem Wachenden und sagte: „Ich erfülle einen
Gesandtschaftsauftrag für die im Fegefeuer zu reinigenden Seelen. Diese
nämlich befehlen ihren Angehörigen, die in ihre hinterlassenen Besitztümer
eingesetzt wurden, Folgendes: ,Erbarmt euch meiner, erbarmt euch meiner,
wenigstens ihr, meine Freunde, weil die Hand des Herrn mich getroffen 25
hat/“ Und bald sagte er zum Bruder: „Aus diesen Worten erhältst du dein
Thema für die morgige Predigt und du wirst diese verfluchenswerten Spiele
als irrig zurückweisen, die du gesehen hast, und im Gegenteil den Menschen
darlegen, wie sie den Seelen ihrer verstorbenen Freunde fromm beistehen
sollen.“ Und nichts anderes tat der Bruder beim Begräbnis des Verstorbenen 30
am nächsten Tag, als seinen Auftrag zu erfüllen und dem
zusammenkommenden Völk diese Dinge bekannt zu machen; und bei jener
 
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