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BUA 11,50
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[11] Dazu ereignete es sich auch, dass ich gemeinsam mit einem gewissen
Priester von heiliger Lebensführung das Haus eines gewissen armen
Weibleins betrat. Dort waren auch zwei Brüder des Predigerordens, die aus
demselben Grund gekommen waren wie wir. Und siehe, durch Zufall
fanden wir ein Kind, das in einer Wiege lag und mit dem Tod kämpfte. 5
Ohne Verzug wurde dieser Junge, während wir zusahen und sehr erstaunt
waren, durch einen höchst beschwerlichen Tod gemartert. Er ängstigte sich
im Gesicht, er ängstigte sich auch in den Augen und schleuderte gepeinigt
den Kopf herum. Nachdem seine Augen heruntergedrückt und wieder
geöffnet worden waren, begann er endlich nach einer kleinen Weile in den 10
Himmel aufzublicken; dann frohlockte er so heftig im Gesicht, mit den
Gliedern und den Augen, dass sein schallendes Gelächter, wie es bei einem
solchen Knaben außerhalb des Hauses recht klar hätte gehört werden
können, wenn nicht eine Windel seine Glieder ziemlich stramm
zusammenhielte, gleichsam frohlockend außerhalb der Wiege 15
hervorgeklungen wäre. Wir, die wir dies auf jegliche Art gesehen haben,
zweifeln nicht, dass sich eine solche Ausgelassenheit zur Schauung des
unsagbaren Ruhms und zur Betrachtung der Engel, welche vor den reinen
und unschuldigen Augen erschienen, bei einem solchen Knaben, der so
grausam und ängstlich starb, gegen die Natur ereignete. 20
[12] Was aber der Philosoph über die Freude und Vortrefflichkeit des
Gewissens sagt, wollen wir nun hören. „Die Freude“, sagt er, „wird dem
wahrhaft Weisen zuteil“. „Es ist nämlich eine unverfälschte Erhebung des
Geistes“ und eine reine Freude „an den guten und wahrhaften Dingen des
Zuversichtlichen“. Und dies nur ist das Gewissen, dass auf genauer 25
erwogene Weise von der Tugend angefacht wurde. „Nichts ist nämlich
erfreulicher als ein gutes Gewissen.“ Ein großer Teil von Glückseligkeit ist
es, sich auch in der Gegenwart weder im Gewissen noch im Geiste zu
widerstehen. Dies allein nennen wir ein ruhiges Leben, bei dem wir im
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[11] Dazu ereignete es sich auch, dass ich gemeinsam mit einem gewissen
Priester von heiliger Lebensführung das Haus eines gewissen armen
Weibleins betrat. Dort waren auch zwei Brüder des Predigerordens, die aus
demselben Grund gekommen waren wie wir. Und siehe, durch Zufall
fanden wir ein Kind, das in einer Wiege lag und mit dem Tod kämpfte. 5
Ohne Verzug wurde dieser Junge, während wir zusahen und sehr erstaunt
waren, durch einen höchst beschwerlichen Tod gemartert. Er ängstigte sich
im Gesicht, er ängstigte sich auch in den Augen und schleuderte gepeinigt
den Kopf herum. Nachdem seine Augen heruntergedrückt und wieder
geöffnet worden waren, begann er endlich nach einer kleinen Weile in den 10
Himmel aufzublicken; dann frohlockte er so heftig im Gesicht, mit den
Gliedern und den Augen, dass sein schallendes Gelächter, wie es bei einem
solchen Knaben außerhalb des Hauses recht klar hätte gehört werden
können, wenn nicht eine Windel seine Glieder ziemlich stramm
zusammenhielte, gleichsam frohlockend außerhalb der Wiege 15
hervorgeklungen wäre. Wir, die wir dies auf jegliche Art gesehen haben,
zweifeln nicht, dass sich eine solche Ausgelassenheit zur Schauung des
unsagbaren Ruhms und zur Betrachtung der Engel, welche vor den reinen
und unschuldigen Augen erschienen, bei einem solchen Knaben, der so
grausam und ängstlich starb, gegen die Natur ereignete. 20
[12] Was aber der Philosoph über die Freude und Vortrefflichkeit des
Gewissens sagt, wollen wir nun hören. „Die Freude“, sagt er, „wird dem
wahrhaft Weisen zuteil“. „Es ist nämlich eine unverfälschte Erhebung des
Geistes“ und eine reine Freude „an den guten und wahrhaften Dingen des
Zuversichtlichen“. Und dies nur ist das Gewissen, dass auf genauer 25
erwogene Weise von der Tugend angefacht wurde. „Nichts ist nämlich
erfreulicher als ein gutes Gewissen.“ Ein großer Teil von Glückseligkeit ist
es, sich auch in der Gegenwart weder im Gewissen noch im Geiste zu
widerstehen. Dies allein nennen wir ein ruhiges Leben, bei dem wir im