Psychologie der Weltanschauungen
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| Die prophetische Weltanschauungslehre, die das Rechte als ein Festes kennt und ver- 51
langt, kennt nur das Subjekt und das Objekt, die Seele und die Welt. Die Psychologie da-
gegen kennt keines von beiden als Allgemeines, Festes, Absolutes, sondern sie kennt
nur Einstellungen, nur Standpunkte, zu denen sie sich betrachtend, analysierend, cha-
rakterisierend verhält.
Heben wir die möglichen Einstellungen heraus, so reden wir gleichsam von Funk-
tionen, reden wir relativ formal, insofern jede Einstellung mit unendlich mannigfalti-
gem Inhalte erfüllt sein kann.
Menschen untereinander treten nur innerhalb derselben Einstellung in Kommunikation zu ge-
genseitigem Verstehen. Aus verschiedenen Einstellungen heraus lebt, redet, denkt, handelt man
aneinander vorbei. Insofern die Einstellungen als verschiedene Erlebnissphären nebeneinander
stehen, vermag eine Weltanschauung die einzelne Einstellung, sie isolierend und verabsolutie-
rend, zu bejahen und von da aus die anderen zu verneinen. So ist eine Reihe von weltanschau-
lichen Gegensätzen einfach charakterisierbar und konstruierbar. Insofern aber die Einstellungen
sich in der Seele lebendig und hierarchisch aufeinander aufbauen können, die einen sich den ande-
ren unterordnen und nur in relativer Selbstständigkeit fortbestehen, vermag ein gegenseitiges
Verstehen zwischen Menschen analoger hierarchischer Ordnung auch aus verschiedenen Einstel-
lungen her zu erfolgen, weil sie von da gleichsam auf dieselbe Spitze einer Pyramide gerichtet
sind. Für das erste Verhältnis sind Beispiele der Kampf des Aktiven und Kontemplativen, des Ra-
tionalen und Ästhetischen, des Genießenden und Asketischen; für das zweite Verhältnis sind
Beispiele das gegenseitige Verstehen aus dem Rationalen und Ästhetischen im Mystischen oder
im Ideenhaften, aus dem Genießen und der Askese im Selbstgestalten, aus der Aktivität und
Kontemplation im Enthusiastischen.
Für die Ordnung der Einstellungen gehen wir - wie immer - von dem Subjekt-Ob-
jektverhältnis aus, das wir hier als Gegensatz von Ich und Gegenstand fassen. So steht
ohne weiteres eine Gruppe gegenständlicher Einstellungen einer Gruppe selbstreflektier-
ter Einstellungen gegenüber. Beiden übergeordnet, weil den Gegensatz Ich - Gegenstand
auf eine eigentümliche (totalisierende) Weise mehr oder weniger aufhebend, sind die
enthusiastischen Einstellungen.
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| Die prophetische Weltanschauungslehre, die das Rechte als ein Festes kennt und ver- 51
langt, kennt nur das Subjekt und das Objekt, die Seele und die Welt. Die Psychologie da-
gegen kennt keines von beiden als Allgemeines, Festes, Absolutes, sondern sie kennt
nur Einstellungen, nur Standpunkte, zu denen sie sich betrachtend, analysierend, cha-
rakterisierend verhält.
Heben wir die möglichen Einstellungen heraus, so reden wir gleichsam von Funk-
tionen, reden wir relativ formal, insofern jede Einstellung mit unendlich mannigfalti-
gem Inhalte erfüllt sein kann.
Menschen untereinander treten nur innerhalb derselben Einstellung in Kommunikation zu ge-
genseitigem Verstehen. Aus verschiedenen Einstellungen heraus lebt, redet, denkt, handelt man
aneinander vorbei. Insofern die Einstellungen als verschiedene Erlebnissphären nebeneinander
stehen, vermag eine Weltanschauung die einzelne Einstellung, sie isolierend und verabsolutie-
rend, zu bejahen und von da aus die anderen zu verneinen. So ist eine Reihe von weltanschau-
lichen Gegensätzen einfach charakterisierbar und konstruierbar. Insofern aber die Einstellungen
sich in der Seele lebendig und hierarchisch aufeinander aufbauen können, die einen sich den ande-
ren unterordnen und nur in relativer Selbstständigkeit fortbestehen, vermag ein gegenseitiges
Verstehen zwischen Menschen analoger hierarchischer Ordnung auch aus verschiedenen Einstel-
lungen her zu erfolgen, weil sie von da gleichsam auf dieselbe Spitze einer Pyramide gerichtet
sind. Für das erste Verhältnis sind Beispiele der Kampf des Aktiven und Kontemplativen, des Ra-
tionalen und Ästhetischen, des Genießenden und Asketischen; für das zweite Verhältnis sind
Beispiele das gegenseitige Verstehen aus dem Rationalen und Ästhetischen im Mystischen oder
im Ideenhaften, aus dem Genießen und der Askese im Selbstgestalten, aus der Aktivität und
Kontemplation im Enthusiastischen.
Für die Ordnung der Einstellungen gehen wir - wie immer - von dem Subjekt-Ob-
jektverhältnis aus, das wir hier als Gegensatz von Ich und Gegenstand fassen. So steht
ohne weiteres eine Gruppe gegenständlicher Einstellungen einer Gruppe selbstreflektier-
ter Einstellungen gegenüber. Beiden übergeordnet, weil den Gegensatz Ich - Gegenstand
auf eine eigentümliche (totalisierende) Weise mehr oder weniger aufhebend, sind die
enthusiastischen Einstellungen.