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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0164
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Psychologie der Weltanschauungen

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noch nicht klar, leicht und immerfort gibt es ein Überspringen zum Ernst. Wie alle
Sphären entwickelt aber auch die spielende Einstellung ihre Eigengesetzlichkeit und
eine »Moral« der Reinheit der Sphäre, die sich in Begriffen wie Spielregeln, Sportgeist,
fair play aus spricht.
Die spielende Einstellung kann sich formalisieren: Unter zunehmendem Wegfall
des Unberechenbaren, des Zufalls, des Glücks, | der Erregung der Funktionen bleibt in 58
Mechanisierung und eintöniger Wiederholung eine bloße Zeitausfüllung übrig. Sie
kann sich verabsolutieren zur Lebenseinstellung und tritt mit der später zu schildern-
den ästhetischen und genießenden Einstellung zusammen. Vor allem aber und häu-
fig tritt sie unecht auf. Die spielende Einstellung wird eine unwillkürliche oder mehr
oder weniger bewußte Maske für Interessiertheit am Wirklichen, am Materiellen. Der
immer drohende Übergang - nur beim differenzierten, gebildeten Menschen hört
diese Gefahr bis zu einem gewissen Grade auf - vom Spiel zum interessierten Spiel (d.h.
mit dem Interesse an der Wirklichkeit) geschieht, wenn die Phraseologie des Spielens:
Sportsgeist, Spielregeln u.dgl. dazu dient, Hemmungen auszuüben, die einem selbst
günstig sind, an die man sich aber gegebenenfalls selbst nicht hält. Wenn es einem
Ernst ist, ist alles Reden vom Spiel unecht. Oder die spielende Einstellung dient als un-
echte Larve, um sich selbst und den anderen der »Verantwortung« zu entheben, um
leicht aus der Wirklichkeit herauszulocken, die doch faktisch bestehen bleibt, z.B. in
der Erotik. Die erotische Einstellung, nicht verschwommen, sondern präzis und ty-
pisch aufgefaßt, ist eine spielende Einstellung: sie ist unernst, unverantwortlich, iso-
lierend, sie steht außerhalb der Wirklichkeit, sie ist - rein genommen - ohne Folgen in
der Wirklichkeit, der Meinung und der Tat nach. Vom Standpunkt der Wirklichkeit -
hier also vom Standpunkt der Sexualität und der Liebe aus gesehen - ist die Erotik ein
Schwindel, ein Zauber, der nichts ist. Weil aber die Sexualität in die Erotik faktisch hin-
eingezogen wird, treten faktische, wenn auch nicht gemeinte und gewollte Folgen für
das Seelenleben der Persönlichkeit außer den biologischen Folgen ein. Die Erotik - so
selten rein - ist ein klassisches Beispiel dafür, wie die spielende Einstellung erstens so
schwer festgehalten ist, und zweitens als Maske, Täuschung, Verführung für materi-
elle Triebe dient, d.h. unecht wird.
2. Die kontemplative Einstellung.
Die kontemplative Einstellung ist in ihrem Kontrast zur aktiven Einstellung mit dieser
im allgemeinen schon charakterisiert: Sie ist Betrachten, nicht Beherrschen, Sehen,
nicht Aneignen; Schauen, nicht Schaffen und Machen; selbst bei der Schöpfung wird
diese nicht als solche, sondern als Wachsen und Gegebenwerden erlebt. Das Gegen-
ständliche steht in Distanz. Anschauen und Denken stehen allermeist im Dienste der
Aktivität, der aktiven Triebbefriedigung und Realitätsgestaltung. Sie sind mit anderem
Worte fast immer | »interessiert«. Das Denken wählt aus, was in Beziehung zu den 59
Zwecken des Willens und der Triebe steht, es erkennt die Dinge und kennt sie, aber nur
 
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