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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0283
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Psychologie der Weltanschauungen

lig hingab. So war er von einer Masse ausgezeichneter Kräfte umgeben, die er mit seinem Feuer
durchdrang ,..«i ii *)227
Das Dämonische wird in den Begebenheiten erfahren:
»So waltete bei meiner Bekanntschaft mit Schiller durchaus etwas Dämonisches ob; wir konn-
ten früher, wir konnten später zusammengeführt werden, aber daß wir es gerade in der Epoche
wurden, wo ich die italienische Reise hinter mir hatte und Schiller der philosophischen Speku-
lationen müde zu werden anfing, war von Bedeutung und für beide von größtem Erfolg.«“)228
»Überhaupt werden sie finden, daß im mittleren Leben eines Menschen häufig eine Wen-
dung eintritt, und daß, wie ihn in seiner Jugend alles begünstigte und alles ihm glückte, nun
mit einem Male alles ganz anders wird, und ein Unfall und ein Mißgeschick sich auf das an-
dere häuft. Wissen sie aber, wie ich mir das denke? - Der Mensch muß wieder ruiniert werden!
Jeder außerordentliche Mensch hat eine gewisse Sendung, die er zu vollführen berufen ist. Hat
er sie vollbracht, so ist er auf Erden in dieser Gestalt nicht weiter vonnöten, und die Vorsehung
verwendet ihn wieder zu etwas Anderem. Da aber hienieden alles auf natürlichem Wege ge-
schieht, so stellen ihm die Dämonen ein Bein nach dem anderen, bis er zuletzt unterliegt. So
ging es Napoleon und vielen anderen: Mozart starb in seinem 36. Jahre, Raffael im gleichen
Alter, Byron nur um weniges älter. Alle aber hatten ihre Mission auf das Vollkommenste
erfüllt«“).229
»So kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, daß die Dämonen, um die Menschheit zu
197 necken und sie zum besten zu haben, mitunter einzelne | Figuren hinstellen, die so anlockend
sind, daß jeder nach ihnen strebt, und so groß, daß niemand sie erreicht. So stellten sie den
Raffael hin, bei dem Denken und Tun gleich vollkommen war. So stellten sie den Mozart hin
... Und so in der Poesie Shakespeare ,..«iv)23°
Es ist jedesmal überraschend, wo überall, in wie heterogenen Sphären Goethe das Dämonische
sieht. Vergleichen wir folgende Reihe: »Jede Produktivität höchster Art, jedes bedeutende Apercu,
jede Erfindung, jeder Gedanke, der Früchte bringt und Folge hat, steht in Niemandes Gewalt
und ist über aller individueller Macht erhaben ... Es ist dem Dämonischen verwandt, das über-
mächtig mit dem Menschen tut, wie es beliebt, und dem er sich bewußtlos hingibt, während er
glaubt, er handle aus eigenem Antriebe .,.«v)231
Von den Freiheitskriegen: »Die allgemeine Not und das allgemeine Gefühl der Schmach hat-
ten die Nation als etwas Dämonisches ergriffen ,..«vi vii viii ix x)232
Goethe kennt einen »Dämon der Hypochondrie«, dem die an den Schreibtisch gefesselten
Gelehrten und Staatsdienerverfallen™) ,233 Unmut und Hypochondrie heißen böse Dämonen™1) ,234
Ein »Dämon des Schreckens« geht nach dem Erdbeben von Lissabon durch Europa1*).235 Überei-
lung und Dünkel heißen gefährliche Dämonen*).236 Vom Weltverlauf heißt es: »Die Welt soll

i II,26l.
ii II, 62.
üi III, I/O.
iv II, IO/.
v III, 166.
vi III, 220.
vii III, I79.
viii 22, IOO.
ix 22, 32.
x 39, 62.
 
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