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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0525
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432

Kants Ideenlehre

Wissen hinaus. Die aus dem Unbewußten auftauchenden psychischen Gebilde wer-
den verstanden; verstanden wird das Organische wie das anorganische Geschehen (in
mythischen Anschaulichkeiten), der Planet ist eine umfassende Persönlichkeit, die
wieder in der allumfassenden Weltpersönlichkeit Gottes aufgeht. Es ist möglich, daß
aus solchem Verstehen, wie bei Kepler aus dem Verstehen der harmonia mundi,639 Er-
wartungen und Fragestellungen an die Wirklichkeit folgen, die zu empirischen Unter-
suchungen führen und Resultate für ganz andere Sphären, bei Kepler für die mecha-
nistische Erfahrung, liefern. So haben alle Ideen auch noch in der Verabsolutierung
ihre Fruchtbarkeit, wenn sie nur sich im Einzelnen fragend, arbeitend, durchdringend
auswirken. Nur als allgemeine Bilder vom Ganzen sind sie der vernichtenden Kritik
preisgegeben. Denn das Ganze der Erfahrung überhaupt ist nicht eine von diesen Er-
fahrungsrichtungen, die man verabsolutiert hätte, auch nicht die Zusammenstellung
dieser Richtungen, sondern das Ganze ist eine neue, andersartige Idee, die Idee vom
Ganzen des Erfahrungsinhalts.

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| II. Die Ideen vom Ganzen des Erfahrungsinhaltes

Die Kritik des bloßen Verstandes bei Kant lehrte die Kategorie des Dinges verstehen,
aber nur die Kategorie, die Dinghaftigkeit überhaupt. Von der »Dinghaftigkeit« ist das
»Einzelding« zu unterscheiden. Die Kategorie der Dinghaftigkeit ist als Allgemeines
etwas ganz Anderes wie der Begriff »eines« Dinges, des Individuums. Das Problem des
»einen« Dinges, des Einzeldinges, des Individuums existiert nicht für den Verstand,
sondern nur für die Vernunft; in der Kategorienlehre findet sich dafür kein Ort, wohl
aber in der Ideenlehre.
Der Begriff eines Einzeldinges oder Individuums, sagt Kant'),640 ist unbestimmt,
solange nicht von allen möglichen Prädikaten ein jedes als ihm zukommend oder nicht
zukommend erkannt ist. Ein jedes Einzelding hat daher zur »transzendentalen Vor-
aussetzung« die »Materie zu aller Möglichkeit«, d.h.: aus dem Anteil, den es an jener
gesamten Möglichkeit hat, leitet es seine eigene Möglichkeit ab; um ein Einzelding
vollständig zu erkennen, muß man »alles Mögliche«,641 das Ganze möglicher Erfah-
rung, erkennen und das Einzelding dadurch, es sei bejahend oder verneinend, bestim-
men. Das Ganze möglicher Erfahrung ist also Voraussetzung der durchgängigen Be-
stimmung des Begriffs von einem Einzelding. Das Ganze möglicher Erfahrung ist nun,
als Begriff von einer Totalität, Idee und unendliche Aufgabe. Also ist die durchgängige
Bestimmung jedes Einzeldinges ebenfalls unendliche Aufgabe, die sich auf die Idee des
Ganzen der Erfahrung gründet. Die Möglichkeit eines Einzeldinges beruht nach Kant
somit auf der Kategorie der Dinghaftigkeit und der Idee von einem Ganzen der Erfah-
rung.

Die wichtigsten Darlegungen finden sich B. 59öff.
 
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