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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0548
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Stellenkommentar

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Jaspers bezieht sich hier vermutlich auf eine Passage aus dem ersten Band von Die Welt als
Wille und Vorstellung. Dort heißt es: »und wir wissen, daß diese Augenblicke, wo wir, vom
grimmen Willensdrange erlöst, gleichsam aus dem schweren Erdenäther auftauchen, die sä-
ligsten sind, welche wir kennen. Hieraus können wir annehmen, wie sälig das Leben eines
Menschen seyn muß, dessen Wille nicht auf Augenblicke, wie beim Genuß des Schönen, son-
dern auf immer beschwichtigt ist, ja gänzlich erloschen, bis auf jenen letzten glimmernden
Funken, der den Leib erhält und mit diesem erlöschen wird. Ein solcher Mensch [...] ist nur
noch als rein erkennendes Wesen, als ungetrübter Spiegel der Welt übrig. Ihn kann nichts
mehr ängstigen, nichts mehr bewegen: denn alle die tausend Fäden des Wollens, welche uns
an die Welt gebunden halten, und als Begierde, Furcht, Neid, Zorn, uns hin- und herreißen,
unter beständigem Schmerz, hat er abgeschnitten. Er blickt nun ruhig und lächelnd zurück
auf die Gaukelbilder dieser Welt, die einst auch sein Gemüth zu bewegen und zu peinigen
vermochten, die aber jetzt so gleichgültig vor ihm stehen, wie die Schachfiguren nach geen-
digtem Spiel« (SWj 1, 500-501; ZA 2, 483).
Der Ausdruck »(omnis) determinatio est negatio« findet sich in den Epistulae von Spinoza
(B. de Spinoza an J. Jelles, 2. Juni 1674, in: B. de Spinoza: Briefwechsel, übersetzt und mit Ein-
leitung, Anmerkungen und Register versehen von C. Gebhardt, Hamburg 1977,210, Brief 50:
»Da also Gestalt nichts anderes ist als Bestimmung und Bestimmung Verneinung, so wird sie
wie gesagt nichts anderes sein können als eine Verneinung«),
Der Ausdruck geht auf Augustinus zurück. In Sermo 118,1 heißt es: »si non potes intellegere,
crede ut intelligas« (»wenn du nicht erkennen kannst, glaube, um zu erkennen«),
Eigtl. »Sacrifizio dell’ intelletto«, ist ein Idiom aus dem Italienischen, das wörtlich übersetzt
»Opfer des Verstandes« bedeutet und sprichwörtlich für die Unterwerfung der eigenen, bes-
seren Einsicht unter eine höhere Deutungs- und Machtinstanz steht.
liuvpuZeiv = »Staunen«, »Verwunderung«. Das thaumazein gilt seit Platon (vgl. Theaitetos, i55d)
als ein »Anfang der Philosophie« im Sinne einer aporetischen denkerischen Grundhaltung.
Das Interesse an diesem Moment blieb Jaspers erhalten und mündete in seinem Werk Vom Ur-
sprung und Ziel der Geschichte 1949 in das Theorem der »Achsenzeit« (vgl. bes. KJG I/io, 17-21).
Vgl. Pred. 1,18. Die Wortwahl lehnt sich an die von Jaspers verwendete deutsche Übersetzung
von Spinozas Ethica an (Ethica IV, prop. 27, sc. 1; Übersetzung von O. Baensch, 187).
Im Original: »desselben zu fordern«; in: G. W. F. Hegel: »Systemfragment von 1800«, in: Hegels
theologische Jugendschriften, hg. von H. Nohl, Tübingen 1907, 343-351, 348 (KJB Oldenburg:
KJ 3123); Frühe Schriften II, GW 2,341-344,344.
Vgl. S. Kierkegaard: Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift zu den Philosophischen Bro-
cken. Zweiter Teil, GWb 16,38.
Vgl. Platon: Apologia Sokratous, 23b; Symposion, 2i6d.
NA: verwenden. Einzelne in die Augen fallende Denktechniken seien aufgezählt: ] EA: ver-
wenden. Wir bemerken dann die Gebundenheit der meisten Menschen an ganz bestimmte
Denkarten, so daß wir manchmal fast voraussagen können, wie überall der Gedankengang
bei ihnen weiter gehen muß. Da ich die Denktechniken als Totalität nicht übersehe, kann ich
nur einzelne, in die Augen fallende aufzählen: [ I. Die scholastische
Als »Eleaten« wird philosophiehistorisch eine Gruppe von in der griechischen Stadt Elea an-
gesiedelten schulbildenden vorsokratischen Denkern verstanden. Zu deren wichtigsten Ver-
tretern zählen vor allem Parmenides (um 520-um 460 v.Chr.), Zenon (um 490-430 v.Chr.)
und Melissos von Samos (um 490-430 v.Chr.). Charakteristisch für die Eleaten war die Dis-
 
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