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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0590
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Stellenkommentar

497

die »Karlsbader Beschlüsse« 1819 reagierte Börne mit einer Hinwendung zur französischen
Freiheitsbewegung und der Opposition gegen die restaurativen Kräfte um Metternich und
den »Deutschen Bund«. Nach der französischen Julirevolution 1830 siedelte Börne nach Pa-
ris über und schloss sich der liberalen literarischen Gruppe »Junges Deutschland« an. Durch
seine Briefe aus Paris (3 Bde., 1832-1834) avancierte Börne zu einer Art Ausländskorrespon-
dent, der pointiert und humorvoll die Entwicklungen in Frankreich schilderte und durch
seine Theater- und Literaturkritik zu einer prägenden Figur des Feuilletons wurde.
518 Vgl. L. Börne: »Aus meinem Tagebuche«, in: Sämtliche Schriften, Bd. 2, neu bearbeitet und hg.
von I. und P. Rippmann, Düsseldorf 1964, 765-845, 822. Die Stelle, auf die Kierkegaard hier
Bezug nimmt, lautet im Original: »Wer kein Wasser in den Adern hat, oder wem keine gütige
Natur ein rosenrothes Blut gegeben, [...] der wird in kleinen Städten leicht ein Menschen-
feind, oder noch schlimmer, ein Lästerer Gottes und ein Empörer gegen seine weise Ordnung.
Unter einer spärlichen Bevölkerung treten die Menschen und ihre Schwächen zu einzeln her-
vor, und erscheinen verächtlich, wenn nicht hassenswert. [...] Aber ganz anders ist es in gro-
ßen Städten, wie Paris. Die Schwächen der Menschen erscheinen dort als Schwächen der
Menschheit; Verbrechen und Mißgeschicke als heilsame Krankheiten, welche die Uebel des
ganzen Körpers, diesen zu erhalten, auf einzelne Glieder werfen.« Bei dem Halbsatz »aber die
tabellarischen Übersichten über die Unglücksfälle und Verbrechen in einer großen Stadt wie
Paris beschwichtigen den peinlichen Eindruck, den der einzelne Fall mache« handelt es sich
um eine Paraphrase von Kierkegaard. Bei Börne heißt es: »Liest man aber in Paris die amtli-
chen Berichte über die geschehenen Selbstmorde, und wie in jedem Jahre die Zahl derselben
sich fast gleich bleibt, [...] dann lernt man Selbstmorde als Krankheiten ansehen, die, wie die
Sterbefälle durch Schlagfluß oder Schwindsucht, in einem gleichbleibenden Verhältnisse
jährlich wiederkehren« (ebd., 822-823).
519 Ebd., 822. Kierkegaards Kritik an den Positionen Börnes findet sich in Stadien auf des Lebens
Weg, GWa 4, 444-445 (KJB Oldenburg: KJ 3645); GWb 15, 509-510.
520 Der französisch-schweizerische Reformator Johannes Calvin (1509-1564) lehrte die Prädes-
tination in seiner Institutio ChristianaeReligionis [EA1536; Unterricht in der christlichen Religion).
In der überarbeiteten Ausgabe der Schrift aus dem Jahre 1559 (III, 21, 5) wird die Prädestina-
tion als das ewige Dekret Gottes beschrieben, demzufolge Gott beschlossen hat, was nach sei-
nem Willen aus jedem Menschen werden soll. Calvin zufolge werden nicht alle mit der glei-
chen Bestimmung geschaffen - den einen (Erwählten) ist das ewige Leben, anderen
(Verworfenen) aber die ewige Verdammung im Voraus zugeordnet (sog. »doppelte Prädesti-
nation«), wobei Gottes Wille ein undurchdringliches Mysterium bleibt und ihm unangetas-
tete Souveränität über das Schicksal des Menschen eingeräumt wird. Die von Jaspers er-
wähnte Anstachelung zu rastloser Tätigkeit ergibt sich aus dem Gedanken, man könne von
dem Erfolg eines Menschen Rückschlüsse auf seine Auserwähltheit ziehen.
521 Christiane Vulpius (1765-1816), Schwester des Schriftstellers Christian August Vulpius, war
seit 1788 die Lebensgefährtin, von 1806 an die Ehefrau von Johann Wolfgang v. Goethe.
522 Vgl. Brief Goethes an Johann Gottfried und Caroline Herder vom 7. Juni 1793: »Dagegen hat
aber auch Kant seinen philosophischen Mantel [...] freventlich mit dem Schandfleck des ra-
dicalen Bösen beschlabbert, damit doch auch Christen herbeigelockt werden, den Saum zu
küssen« (WA IV, 10, 75).
523 Der Spruch geht auf das 163 v.Chr. uraufgeführte Theaterstück Heauton timorumenos (Der
Selbstquäler) des römischen Komödiendichters Terenz (eigtl. Publius Terentius Afer, zw. 195
 
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