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VORWORT

In der Hochgebirgsregion Nordpakistans erstreckt sich entlang der alten Verkehrswege, die über Paßübergänge des
Hindukusch, Karakorum und Westhimalaya, vor allem aber am Oberen Indus und an seinen wichtigsten Zuflüssen
wie Gilgit und Hunza sowie Shigar und Shyok in Baltistan verlaufen, eine in der Welt einzigartige Ansammlung
von gravierten Felsbildem und Inschriften. Sie markieren nicht nur das Hochasien mit dem südasiatischen
Subkontinent verbindende Kommunikationsnetz, sondern bilden darüber hinaus die wichtigste Quelle für die
Geschichte von der Späten Steinzeit bis zur Islamisierung der autonomen Provinz Gilgit-Baltistan, den früheren
Northern Areas. Die größte Dichte von Gravuren, die an Felswänden und auf Gerollen eingeritzt sind, begleiten die
antiken Routen auf beiden Ufern im unteren Teil des Oberen Indus, um dem Zusammenfluß des Gilgit und Indus
an den wichtigen Flußübergängen Alam Bridge und Partab Bridge südlich von Gilgit sowie von der Brücke von
Raikot bis zur Mündung des nördlichen Seitentals von Darei und Shatial in Indus-Kohistan. Felsbildkomplexe
konzentrieren sich vornehmlich an solchen Flußübergängen und um bekannte antike Siedlungsplätze wie Shatial,
Thor, Hodur, Shing Nala und Gukona. Aufgrund ihrer künstlerischen Ausführung und der historischen Aussage
ihrer Inschriften kommt den großen Felsbildgalerien um Chilas und in der Talebene von Thalpan eine besondere
Bedeutung zu. Chilas stellte am Südufer des Indus in buddhistischer Zeit einen vorgeschobenen Außenposten des
Königreichs der Daradas dar, dessen Zentrum im Bergland um das Kishanganga-Tal lag. Mit seinem sakralen
Zentrum in Thalpan bildete der Ort zugleich den strategisch wichtigen Brückenkopf auf dem Nordufer gegenüber
der Einflußzone des nördlichen Herrschaftsbereichs von Palur um Gilgit. In seinem Becken, das auch das Tor zu
Indien genannt wird, münden die beiden wichtigsten über den Karakorum reichenden Verkehrsrouten, die
Zentralasien und das Tarim-Becken in Xinjiang mit den Tiefebenen Südasiens verbinden. Neben der in britischer
Zeit als “Gilgit Transport Road” bezeichneten Hauptroute, die vom Indus-Übergang bei Bunji über die Pässe
Burzil und Tragbai nach Kaschmir führt, bildete der zweite durch das Indus-Tal über den in 4268 m Höhe
liegenden Babusar-Paß genutzte Weg, aus dem Indus-Tal durch das Thak Nala oder Buto Gah zur Paßhöhe führt,
außer nach Kaschmir vor allem eine direkte Verbindung durch Hazara in die Tiefländer. Chilas, der Hauptort des
modernen Diamer-Distrikts, kontrollierte zugleich die südliche Verkehrsroute, die aus dem Indus-Tal durch das
Thak Nala oder Buto Gah zur Paßhöhe führt. Das Becken von Chilas als Schnittpunkt von verschiedenen Handels-
routen liegt in einer Höhe von 1050 m ü. M. und wird an dieser Stelle in ostwestlicher Richtung vom Indus
durchflossen. Im Norden wird die Tallandschaft von den zum Hindukusch gehörenden Gilgit-Ketten, im Süden
von den Randgebirgen des westlichen Himalaya mit dem 2145 m hohen Harpen eingerahmt, im Nordwesten
überragt von dem sich 8126 m auftürmenden Nanga Parbat-Massiv, des “nackten Berges”. Sein ursprünglicher
dardischer Name Diamar (Deva-Meru), “Himmlischer Berg”, auch “König der Berge” oder “Sitz der Feen”
genannt, ist auf die ganze Region von Chilas, den Diamer-Distrikt, übertragen worden.
Nach ersten Hinweisen auf buddhistische Darstellungen und Inschriften in der “Jayachand” genannten Felsen-
gruppe an der Chilas-Brücke, die 1905 von Maulana Ghulam Mohammad, Bürovorsteher in der British Agency
von Gilgit, und danach 1942 von dem ungarisch-britischen Forscher Sir M. Aurel Stein gegeben wurden, setzte die
archäologische Erforschung der oberen Indus-Region aber erst mit Karl Adam Jettmar in Zusammenarbeit mit
Ahmad Hasan Dani als pakistanisch-deutsches Projekt im Jahre 1980 ein. Zwischen 1981 und 1988 wurden unter
Leitung der beiden Gelehrten Dokumentationsarbeiten unter der Mitwirkung von V. Thewalt und verschiedenen
Mitarbeitern in den zentralen Felsbildstationen um Chilas und Thalpan und an anderen Orten vorgenommen. In
den folgenden Jahren wurden auch einzelne auf dem Nordufer liegende Felsbildansammlungen wie Thor-Nord,
Hodur sowie die Wegestationen Thakot und Khomar Das, Thakot und Ziyarat sowie Shing Nala aufgesucht. Die
Nordroute am Indus zwischen dem Darei Nala und Gor Nala war in weiten Teilen von Robert Kauper begangen
worden. Die an der Fachhochschule München 1987-88 fertiggestellte Karte bezeichnet auch die wichtigsten von
ihm am Nordufer beobachteten Felsbildkonzentrationen.
 
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