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Bandini, Ditte [Hrsg.]; Hinüber, Oskar von [Hrsg.]; Dickoré, Wolf Bernhard [Hrsg.]
Die Felsbildstationen Shing Nala und Gichi Nala — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 4: Mainz, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.37089#0015
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VORWORT

Die Felsbildprovinz am Oberen Indus hat ihren Mittelpunkt um Thalpan und dem gegenüberliegenden Ort Chilas,
dem zur Gilgit Agency in den Nordgebieten Pakistans gehörenden Verwaltungszentrum der Provinz Diamar. Vom
Thak Nala, einem Seitental des Indus im Osten von Chilas, ziehen sich am Südufer des in einer langgezogenen
leichten S-Schleife fließenden Stroms flußabwärts einzelne Felsbildgruppierungen und Wegestationen entlang des
alten Verkehrswegs hin. Den Abschluß dieser langgezogenen Felsbildgalerie, die mit den Stationen Chilas I-VI nur
wenige Unterbrechungen aufweist, bildet, etwa 8 km von Chilas entfernt, ein größerer Felsbildkomplex am Aus-
gang des in den Indus mündenden Gichi Nala. Östlich des Thak Nala sind dagegen flußaufwärts, von einer kleinen
nachbuddhistischen Gravurgruppe bei der in über 1.900 m Höhe gelegenen Ortschaft Gini im Seitental Gini Nala
und einzelnen Bildern abgesehen, bis zur Höhe des Brückenübergangs nach Gor keine größeren Felsbildansamm-
lungen bekannt geworden. Im Gegensatz dazu wird der alte Weg, der auf der nördlichen Flußseite von Thal-
pan-Dorf über Kino Kot und Ges nach Gor führt, von einzelnen Gravuren und Inschriften sowie Felsbildgruppen
gesäumt. Größere Gravurgruppen finden sich in der ca. 4 km entfernten Wege- und Kontrollstation Ba Das, bei der
Siedlung Ges und in Shing Nala. Diese Station ist heute von Chilas über Gini und Gunar nach etwa 38 km zu errei-
chen. Zwischen den Seitentälern des Patro Gah und Jalipur Gah gelangt man über eine den Indus überspannende
Hängebrücke zum kleinen Dorf Shing Nala. Es liegt 150 m hoch über der Talsohle an einem Weg, der einen An-
schluß an die anderen von den Seitentälern ins Bergland führenden Routen bis nach Gilgit besitzt, obwohl die vor-
liegenden Karten diese Verbindung nicht ausdrücklich verzeichnen. Von der Brücke geht nach Überquerung des
Shingan Gah flußaufwärts am Abhang ein Fußweg zur Felsbildstation.
Die Felsbildstation Shing Nala liegt in einer von den Randgebirgsketten eingeschlossenen Tallandschaft, die durch
mächtige Sedimentablagerungen aus Moränenschutt geprägt ist. Sie stammen zum größten Teil von den Glet-
schern des sich 8.126 m hoch auftürmenden Nanga Parbat-Massivs. Der Indus hat sich in diesem Talabschnitt tief
in den Fels eingegraben, so daß er auf einer Länge von etwa 1.200 m und einer Breite von 50 m eine klammartige
Schlucht durchfließt. Auf seinen beiden Seiten erheben sich die für das Industal charakteristischen zerklüfteten
Felsmassive. Der zwischen dem Shingan Gah und dem Steilabfall der Gilgit-Bergkette von Feldern umgebene
Felsrücken mit den Felsbildem im Osten endet vor einer ausgedehnten, mit Sand bedeckten Terrasse, auf der die
Dorfschule errichtet ist.
Unter den 420 Felszeichnungen dominieren mit 250 Beispielen die buddhistischen Darstellungen, darunter allein
160 Bilder von Stüpas und 60 Brähmi-Inschriften. Innerhalb des langgestreckten, durch Rinnen und Einschnitte
gegliederten Felsrückens bildet eine große Gletschermühle das natürliche Zentrum. Sie wird auf den umliegenden
Felswänden von ausschließlich buddhistischen Bildern in vollendeter Ausführung eingerahmt, die durch ihre An-
ordnung den Eindruck einer heiligen Stätte vermitteln. Sie dürfte aufgrund der Beischriften in der Zeit zwischen
400 und 600 n. Chr. bestanden haben. Die übrigen 150 Gravuren mit gröber ausgeführten Darstellungen nicht-
oder nachbuddhistischer Herkunft, in deutlichem Abstand zum Kern der Felsbildansammlung, sind auf Felsblök-
ken am Ostrand, auf Felsblöcken über der Sandfläche am Berghang und auf der Felsterrasse über dem Indus ange-
bracht und damit mit der lokalen Bevölkerung in Verbindung zu bringen.
Wie bei den meisten anderen Felsbildgruppen könnte auch in Shing Nala ein Zusammenhang zu einer kleinen
Siedlung bestanden haben, da sich am Berghang Reste von antiker Bebauung finden sollen. Innerhalb der Kette der
zwischen Thalpan und Gor mit dem Hauptort der Region Gorabad am alten Verkehrsweg liegenden größeren Fels-
bildstationen wie Ba Das, Gukona und Ges hat Shing Nala keine dem Westteil von Gichi Nala oder Oshibat ver-
 
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