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Bandini, Ditte [Hrsg.]; Hinüber, Oskar von [Hrsg.]; Dickoré, Wolf Bernhard [Hrsg.]
Die Felsbildstationen Shing Nala und Gichi Nala — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 4: Mainz, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.37089#0072
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SHING NALA - EIN BUDDHISTISCHES KLOSTER?

Die am rechten Ufer des Indus gelegene Felsbildstation Shing Nala hebt sich durch mehrere Besonderheiten von
anderen Gravurenkomplexen am Oberen Indus ab: Sie liegt im Vergleich zu Shatial und Chilas abgeschieden, sie
wirkt in sich geschlossen, sie ist überwiegend buddhistisch, und sie weist verhältnismäßig wenig Gravuren auf.
Mit etwas mehr als 400 Ritzungen zeigt sie weniger als ein Viertel des Umfanges von Shatial und Hodar und weni-
ger als die Hälfte von Oshibat. Diese geringe Anzahl von Gravuren könnte zum einen rein topographische Gründe
haben: Die hierfür zur Verfügung stehenden Steinflächen sind begrenzter als beispielsweise in Shatial, Minargah
und Thalpan. Zum anderen lag Shing Nala offenbar nicht wie Shatial, Hodar oder Thalpan an einer der Kreuzungs-
punkte oder großen Durchgangsrouten für Händler, Pilger und andere Reisende. Wer von Westen und Südwesten
nach Chilas wollte, berührte diese Gegend nicht. Wer von Chilas nach Gilgit (oder umgekehrt) reiste, wanderte,
wie auch schon A. Stein bemerkte,269 wohl eher das Thalpan-Tal (Kiner Gah) aufwärts, und nahm nicht ohne einen
besonderen Grund den großen Umweg durch das Industal270 in Kauf.271 Wer aber von Kaschmir ausgehend Gilgit
(und China etc.) zum Ziel hatte (oder umgekehrt), kam beispielsweise durch das Astor-Tal und ging von dort über
das Sai-Tal oder am Gilgit-Fluß entlang, bzw. wenn er durch das Buner-Tal kam, etwa durch den Ges Nala wei-
ter2 2 (-»■ Karte).273 Diese Wege sind auch auf der amerikanischen Karte India and Pakistan von 1954 als gestri-
chelte Lime eingezeichnet,274 (wohingegen am Ende des Shing Nala kein Durchgang nach Gilgit vermerkt ist). Ob-
gleich möglich wäre, daß früher auch ein tatsächlich begangener Weg vom Shing Nala nach Gilgit führte, dürften
in der Hauptsache solche Reisende hier vorbeigekommen sein, die von Chilas nach Gor (mit seinem Hauptort Go-
rabad/Gauharabad)2 " reisen wollten, dem nächsten größeren, Indus-aufwärts tief im Tal gelegenen Ort. Auch
könnten solche Personen hier entlanggereist sein, die, mit Ziel Chilas, etwa von Kaschmir (oder Gor) kommend
nicht eine der westlichen Routen über die Bergpässe genommen hätten, sondern weitgehend am nördlichen Ufer
des Indus entlang gelaufen wären.
Dies dürfte allerdings eher selten der Fall gewesen sein,276 weil, wie auch Dani erklärt,277 “this was not the old
route”. Diese Behauptung wird vor allem dadurch gestützt, daß auf dem Streckenabschnitt von Chilas bis zum Zu-
sammenfluß von Indus und Gilgit-Fluß keine nennenswerten Ansammlungen von Felsbildem am Flußufer bekannt
sind2 8 - wenngleich weitere Gravurenkonzentrationen in den Bergen bei Bargin und bei Gor zu finden sein sollen.
Ob es sich bei diesen um rein einheimische Ritzungen wie Caprini, Reiter und Jagddarstellungen handelt, wie Dani
sie bei Gor sah - er spricht von “mounted horsemen and other animals”279-, ist noch ungeklärt.
In Anbetracht dieser Sachlage um so bemerkenswerter ist die in Shing Nala zu beobachtende Ansammlung von
fast 250 buddhistischen Gravuren, darunter etwa 160 Stüpas und 60 Brährm-Inschriften, die aufgrund ihrer Quali-

269 STEIN 1928: 7. Er erklärt, die Strecke sei nicht nur erheblich kürzer, sondern - wenigstens im Sommer - auch viel angenehmer
zu begehen, da die Gluthitze des Industales damit vermieden würde.
270 Vgl. DAINELLI (1933: 63), der für Ladakh behauptet, alte Straßen führten nicht am Flußbett entlang.
271 Vgl. demgegenüber CONWAY (1894: 29f.), der anders als A. Stein selbst nicht hier gereist ist.
272 Hierzu auch TSUCH1YA 1997: 32 und besonders dies. 1996: Karte S. 40.
273 Zu den Reiserouten STEIN 1928: 4f., 6; BlDDULPH 1880: 12fImperial Gazetteer of India, Kashmir and Jammu 1909: 69f., 105,
109f.;TlJCCI 1977: 81; FRANCKE 1986: 36; zu Routen, Distanzen und Tagesmärschen auch Neve o.J.: 131 ff.; STELLRECHT
1998: Bd. 2, 6ff.; KREUTZMANN 1998: 27f.; vgl. auch die Karten in DANI 1983; JETTMAR 1984: 179; ders. 1994: 160ff.
274 India and Pakistan 1:250.000, NI 43-2 (Gilgit) ; siehe auch Anm. 273.
275 Dani 1995: 73.
276 Zur Unbewohnbarkeit mancher Täler am Südufer des Indus auf diesem Streckenabschnitt STEIN 1928: 9.
277 Dani 1995: 73.
278 Vgl. auch JETTMAR 1984: 177. Er spricht von nur drei kleinen Felsbildkomplexen.
279 Dani 1995: 73.
 
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