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Überblickskommentar 5

Relevanz besitzen, sieht man sich also immer wieder auch auf den Vergleich
von Varianten verwiesen. Im Folgenden werden nur die inhaltlich besonders
relevanten Abweichungen der Varianten besprochen. Für eine akribische Do-
kumentation aller Varianten zu WL sei auf den kritischen Apparat verwiesen
(KGW III 5/1, 895-912).
Zunächst „geheim" (MA II Vorrede 1, KSA 2, 370, 17) gehalten, erscheint
WL erstmals im November 1895 (nach Kr I, 373; vgl. auch Overbeck/Köselitz
1998, 414 u. 738-739) zusammen mit Die Philosophie im tragischen Zeitalter der
Griechen im Rahmen der (auf 1896 vordatierten) dritten Gesamtausgabe (GoAK
Abt. 2, Bd. 10: „Schriften und Entwürfe 1872-1876"). Gersdorff, dem N.s
Schwester die beiden Nachlassbände IX und X zukommen lassen hatte, ant-
wortet dieser - wohl mit Blick auf die besonderen Umstände der Entstehung
von WL - Anfang Dezember 1895: „Mich muten diese Schriften eigentümlich
an, weil ich vieles davon habe enstehen sehen. Sie sind ein herrliches Zeugnis
der gründlichen, tiefernsten Art Ihres Bruders, zu arbeiten und zu denken und
gewähren einen Einblick in die Werkstatt seines Geistes" (Gersdorff 1937, 74).
Erwähnenswert ist, dass WL in dieser von Fritz Koegel besorgten Ausgabe als
„Fragment" präsentiert und von verschiedenen „Gedanken und Entwürfen",
Variationen auf die Themen Wahrheit und Erkenntnis, flankiert wird. WL ist
hier noch in drei Kapitel eingeteilt: Die zentrale Frage „Was ist also Wahrheit?"
(880, 30) leitet ein zweites Kapitel ein, das dritte Kapitel entspricht dem zwei-
ten der KSA. Koegel orientiert sich mit dieser Einteilung offenbar an den in N.s
erster Niederschrift (Rs), die er als Druckvorlage heranzieht, eingezeichneten
Nummerierungen (vor „Was ist also Wahrheit?" notiert N. „4.", vor dem ersten
Satz, der die KSA-Fassung einleitet, ein „3."). Koegel weist im Nachbericht aus-
drücklich darauf hin, dass die Entwürfe zu WL eigentlich zu N.s umfangreichen
Vorarbeiten zu der ursprünglich als „Philosophenbuch" angelegten Schrift
PHG vom Frühjahr 1873 gehörten, dann aber ausgegliedert wurden. 1903 er-
scheint WL das zweite Mal, auch hier verbunden mit Plänen und Studien zum
„Philosophenbuch" (GoA und KoA Abt. 2, Bd. 10: „Nachgelassene Werke aus
den Jahren 1872/73-1875/76"). Ein drittes Mal erscheint WL in der von Elisabeth
Förster-Nietzsche veranstalteten Ausgabe von 1906, wobei WL jetzt dem GT
zugehörigen „Nachlaß 1869-1873" zugerechnet wird. In den folgenden Ausga-
ben wird WL gemeinsam mit den Unzeitgemäßen, als GT zugehörende Früh-
schrift, unter den Nachgelassenen Fragmenten oder mit der Schrift Über das
Pathos der Wahrheit herausgegeben (vgl. die „Ausgaben von WL" in der Biblio-
graphie). WL erhält so stärker den Charakter einer selbstständigeren Schrift,
als das in den ersten Ausgaben noch der Fall war, die WL vornehmlich als
ursprünglichen Bestandteil des „Philosophenbuchs" vorstellten. Als „Jahres-
gabe" des Nietzsche-Archivs erscheint WL erstmals 1929 in monographischer
Form.
 
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