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Scheibenberger, Sarah; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,3): Kommentar zu Nietzsches "Ueber Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69927#0042
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Überblickskommentar 25

die verursacht wurde durch den Verlust der „Fähigkeit [...], über irgend etwas
zusammenhängend zu denken oder zu sprechen" (Hofmannsthal 1991, 48).
An die Stelle eines reibungslosen Operierens mit „abstrakten Worten" (Hof-
mannsthal 1991, 48) tritt ein neuartiger befremdender Blick auf die Welt, die
dem Briefeschreiber nicht länger „eine große Einheit" (Hofmannsthal 1991, 47)
bedeutet, sondern „in Teile" (Hofmannsthal 1991, 49) zerfällt, ja „die Teile
wieder in Teile, und nichts mehr ließ sich mit einem Begriff umspannen" (Hof-
mannsthal 1991, 49). Selbst die logische Sprache Senecas und Ciceros, die
durch ein „wundervolles Verhältnisspiel" (Hofmannsthal 1991, 50) der Begriffe
die Dinge wie in mathematischen Formeln abzubilden vermag, erweist sich
als ungeeignet zur Beschreibung der neuen Lebenssituation „von kaum glaub-
licher Leere" (Hofmannsthal 1991, 52). Allein in wenigen lichten Momenten
erschließt sich dem jungen Chandos - hierin dem „intuitive[n] Mensch[en]"
(889, 8) N.s ähnelnd - plötzlich ein außersprachliches „Denken in einem Ma-
terial, das unmittelbarer, flüssiger, glühender ist als Worte" (Hofmannsthal
1991, 54). Um seinem Lehrer die raren Erlebnisse solcher Innenschau - für
die, mit N., „das Wort nicht gemacht" (889, 1) ist - mitzuteilen, ist Chandos
jedoch unvermeidlich auf die als ungenügend erfahrene Sprache angewiesen,
worin sich die Aporie seiner Lage gründet.
 
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