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Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Walter de Gruyter GmbH & Co. KG [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,2, 1. Teilband): Kommentar zu Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.73066#0098
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II Stellenkommentar
Der Titel
Titel Die fröhliche Wissenschaft. I („la gaya scienza")] Der Titel ist von komple-
xem Anspielungsreichtum und vereinigt verschiedene, allerdings eng mitei-
nander zusammenhängende Bedeutungsaspekte. Aufgrund der „eigentümli-
che[n] Wendung der Bedeutung" rechnet Meyer 1914, 128 den „Buchtitel
,Fröhliche Wissenschaft' (gaya scienza)" zu N.s eigenen Wortbildungen, ob-
wohl das Syntagma schon vor N. belegt ist. Die Titelwahl hat - wie so oft bei
N. - eine eigene Geschichte. Während die Schrift in der ersten Ausgabe von
1882 lediglich Die fröhliche Wissenschaft hieß, kam erst in der stark erweiterten
Neuausgabe von 1887 der Untertitel („la gaya scienza") hinzu. Nachdem N.
ursprünglich erwogen hatte, das Buch einfach als zweiten Teil von Μ erschei-
nen zu lassen (vgl. ÜK 1), ist „die fröhliche Wissenschaft" als Titelentwurf zum
ersten Mal in einem Nachlass-Notat aus dem Frühjahr 1882 belegt. Darin listet
N. unter diesem Titel fünf Überschriften auf, die zum Teil - und in etwas ande-
rer Reihenfolge - bereits auf die späteren Teile der Erstausgabe von FW verwei-
sen: „1. Sanctus Januarius. / 2. Über Künstler und Frauen. / 3. Gedanken eines
Gottlosen. / 4. Aus dem ,moralischen Tagebuche'. / 5. ,Scherz, List und Rache'.
Sinnsprüche." (NL 1882, 19[12], KSA 9, 678, 22-26; M III 6, 25) Am 8. Mai 1882
offeriert N. dann seinem damaligen Verleger Ernst Schmeitzner für den Herbst
dieses Jahres ein Druckmanuskript mit dem „Titel ,Die fröhliche Wissenschaft'
(mit vielen Epigrammen in Versen!!!)" (KSB 6/KGB III 1, Nr. 224, S. 191, Z. 12-
14). Spätestens zu diesem Zeitpunkt war die prinzipielle Entscheidung über
den neuen Titel also bereits gefallen. Allerdings zog N. schon in dieser Zeit
auch den erst 1887 hinzugekommenen Zusatz in Erwägung. Ein nachgelasse-
nes Notat aus dem Sommer 1882 lautet: „Studien aller Art / zu / ,die fröhliche
Wissenschaft.' (la gaya scienza)" (NL 1882, 21[Titel], KSA 9, 681).
Die von N. später in Klammern und Anführungszeichen als Untertitel hin-
zugefügte provenzalische Wendung „la gaya scienza" (vgl. italienisch: „la gaia
scienza" und katalanisch: „la gaya ciencia"), die zum ersten Mal im Nachlass
des Jahres 1881 belegt ist (vgl. NL 1881, 11[337], KSA 9, 573), bedeutet dasselbe
wie „fröhliche Wissenschaft", „fröhliches Wissen" - ebenso wie die bei N.
gleichfalls zu findende okzitanische Formel „gai saber", die er alternativ zu „la
gaya scienza" als Untertitel für die Neuausgabe FW erwog (vgl. Brief an
Fritzsch, 07. 08.1886, KSB 7/KGB III 3, Nr. 730, S. 226, Z. 85 f.). Die Wendungen
gehen, wie in ÜK 1 schon angedeutet, auf eine literarische Bewegung zurück,
die unter der Losung „gai saber" von Toulouse ausging (vgl. hierzu Paden
1995, 183). Dort wurde im Jahr 1323 unter dem vollen Titel Consistori de la Sub-

https://d0i.org/10.1515/9783110293296-002
 
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