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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0583
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Stellenkommentar JGB 204, KSA 5, S. 129-131 563

130,12 otium] Lateinisch: „Muße“.
130, 18 f. Bald sprang die Furcht vor verkappter Mystik und Grenzberichtigung
des Erkennens hervor] So bei Dühring 1882, 277 gegen Hume sowie 273 f. u. 292
gegen Kant.
130, 28-34 die Nachwirkung Schopenhauers auf das neueste Deutschland zu
sein: — er hat es mit seiner unintelligenten Wuth auf Hegel dahin gebracht, die
ganze letzte Generation von Deutschen aus dem Zusammenhang mit der deut-
schen Cultur herauszubrechen, welche Cultur, Alles wohl erwogen, eine Höhe und
divinatorischeFeinheit des historischen Sinns gewesen ist] Im Druckmanu-
skript hieß es ursprünglich stattdessen: „Schopenhauers Einfluß: - mit seinem
Unverstände in Bezug auf Hegel hat er die ganze letzte Generation um den
Zusammenhang mit der letzten und eigentlichsten Höhe des deutschen Geistes
gebracht - die Höhe und divinatorische Feinheit des historischen Sinns
gewesen ist“ (KSA 14, 361). Dass sich diese Fassung scheinbar zum Anwalt des
„historischen Sinns“ macht und gegen N.s alten philosophischen Gewährs-
mann Schopenhauer, der für die Abkehr von der geschichtsphilosophischen
Denkweise Hegels steht, Stellung bezieht, mag überraschen, wenn man sich
vergegenwärtigt, dass N. etwa in EH UB 1 (KSA 6, 316, 20 f.) für sich in An-
spruch genommen hat, diesen „historischen Sinn“ schon in der Zweiten unzeit-
gemässen Betrachtung als Krankheit entlarvt zu haben (vgl. UB II HL 3, KSA 1,
267f.; UB II HL 7, KSA 1, 295, dazu Sommer 1997, 44-72). In JGB 224 gilt er als
„ein unvornehmer Sinn“ (JGB 224, KSA 5, 158, 20; siehe NK 157, 28-158, 1;
auch NK KSA 6, 351, 5 f.). Die Parteinahme für Hegel und den historischen Sinn
gegen den ahistorischen Schopenhauer ist strategisch motiviert, denn im Deut-
schen Idealismus, so fern N. ihm sonst auch stand, zeigte sich Philosophie
weltmächtig und weltgestaltungswillig. „Historischer Sinn“ symbolisiert dann
auch den Willen, Geschichte selbst machen, sie formen zu wollen. Das passt
zum Rollenprofil, das JGB den künftigen Philosophen auf den Leib schneidert.
Vgl. zu 130, 28-34 auch Osthövener 2004, 232.
131, 6-10 Man gestehe es sich doch ein, bis zu welchem Grade unsrer modernen
Welt die ganze Art der Heraklite, Plato’s, Empedokles’, und wie alle diese königli-
chen und prachtvollen Einsiedler des Geistes geheissen haben, abgeht] Zu N.s
Versuch im Frühwerk, namentlich in der Philosophie im tragischen Zeitalter der
Griechen, das Typische jedes griechischen Philosophen mit einer charakteristi-
schen Episode dingfest zu machen, siehe z. B. Rapp 2011 u. Rapp 2012 sowie
Burnham 2007, 138. Dühring (vgl. NK 129, 16-19) wiederum sah gerade in den
Anfängen der Philosophie viel mehr Niedergang als Zukunftsträchtigkeit, weil
darin das elitär-priesterliche Moment noch dominiert habe: „Die Philosophie
war nur im Anfang eine Freundin eigentlicher Wissenschaft und Forschung,
wie bei Thales und beispielsweise auch noch später bei Demokrit. Uebrigens
 
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