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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0679
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Stellenkommentar JGB 233, KSA 5, S. 172 659

studieren solle: „En tont, eile [sc. la femme] doit cultiver toujours son Imagina-
tion; car le vrai merite des femmes et de leur societe, consiste en ce qu’elles
sont toujours plus originales que les hommes; elles sont moins factices, moins
gätees, moins eloignees de la nature, et par cela plus aimables. En fait de mora-
le, elles doivent etudier beaucoup les hommes, et jamais les femmes. Elles
doivent connaitre et etudier tous les ridicules des hommes, et jamais ceux des
femmes.“ (Galiani 1882, 1, 208. Insgesamt soll sie [sc. die Frau] immer ihre
Einbildungskraft kultivieren; denn das wahre Verdienst der Frauen und ihrer
Gesellschaft besteht darin, dass sie immer origineller sind als die Männer; sie
sind weniger gekünstelt, weniger verwöhnt, weniger von der Natur entfernt
und deshalb liebenswürdiger. In moralischen Belangen sollen sie die Männer
sehr studieren und niemals die Frauen. Sie sollen alle Lächerlichkeiten der
Männer kennen und studieren und niemals diejenigen der Frauen.“ N.s Unter-
streichungen, doppelte Randanstreichung von seiner Hand.) Während Galiani
also den Frauen rät, sich nicht mit ihresgleichen zu beschäftigen, obwohl oder
weil sie eigentlich viel origineller als die Männer seien, ist für das sprechende
Ich bei N. das parabiblische Gebot, dass Frauen über Frauen schweigen sollen,
quasi der letzte Strohhalm aus der misogynen Tradition von Paulus über Napo-
leon bis Schopenhauer: Da man die Frauen offenbar nicht mehr davon abhal-
ten kann, über alles Mögliche zu sprechen, kann man ihnen wenigstens nahe-
legen, über Ihresgleichen zu schweigen, als ob ihnen zu diesem Gegenstand
die nötige Distanz fehlte und sie ihn daher nicht angemessen zu objektivieren
verstünden.
233.
172,14-18 Es verräth Corruption der Instinkte — noch abgesehn davon, dass es
schlechten Geschmack verräth —, wenn ein Weib sich gerade auf Madame Ro-
land oder Madame de Stael oder Monsieur George Sand beruft, wie als ob damit
etwas zu Gunsten des „Weibes an sich“ bewiesen wäre.] Die Paarung von JGB
233 findet sich auch schon, unter umgekehrten Vorzeichen, bei Bebel 1883,
103: „Es ist Beschränktheit oder böser Wille, zu bestreiten, dass verbesserte
soziale, also physische und geistige Lebens- und Erziehungsbedingungen un-
sere Frauenwelt auf einen Punkt der Vollkommenheit erheben können, von
dem wir heute noch keine vollkommene Vorstellung besitzen. [...] Andererseits
verdienen Erscheinungen in der Frauenwelt, wie Madame Roland, Frau v.
Stael, George Sand, die grösste Beachtung, und gar mancher männliche Stern
erbleicht neben ihnen.“ Während N. einige Schriften von und über George
Sand (1804-1876, vgl. NK KSA 6, 111, 10 f. sowie NK KSA 6, 114, 22) und Anne
Louise Germaine de Stael (vgl. NK 142, 6-9 u. NK 172, 7-12) aus eigenen Lektü-
 
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