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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0680
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660 Jenseits von Gut und Böse

ren kannte, dürfte ihm Jeanne-Marie (Manon) Roland de La Plattere (1754-1793)
mit ihren Memoires und Briefen nur aus zweiter Hand bekannt gewesen sein:
Geprägt von den politischen Ideen Rousseaus, versuchte sie diese während der
Revolution an der Seite ihres Mannes Jean-Marie Roland de La Plattere (1734-
1793) in die Tat umzusetzen und ließ dafür ihr Leben unter der Guillotine. Bei
N. kommt sie nur noch in NL 1884, KSA 11, 25[422], 123, 10-12 vor: „Vorzug der
weiblichen Erziehung des vorigen Jahrhunderts bei den Franzosen. Madame
Roland als die alberne »Bürgerin4, bei der die Eitelkeit auf weibl. pöbelhafte Art
eklatirt.“ In Hippolyte Taines Entstehung des modernen Frankreich hatte N. le-
sen können: „Auch die die Memoiren von Madame Roland durchziehende star-
ke Bitterkeit hatte keinen andern Grund [sc. als die verletzte „Eigenliebe“ der
kleinen Leute]; ,sie konnte4, äußert Fontanes, der ihr Freund und Bewunderer
war, ,der Gesellschaft die untergeordnete Stellung nicht verzeihen, die sie in
derselben lange eingenommen hatte.4 44 (Taine 1877-1878a, 1, 331) In der Fußno-
te heißt es dazu weiter: „Madame Roland fühlte sich im Alter von 14 Jahren
verletzt darüber, daß Frau von Bosmorel ihre Großmutter per »Fräulein4 an-
sprach. [...] 1818 speist ein Graf in einem Städtchen des Nordens bei einem
bürgerlichen Subpräfekten. Als die neben ihm sitzende Hausfrau ihm Suppe
reicht, dankt er ihr mit den Worten »Dank, mein Herz.4 Aber die Revolution hat
der kleinen Bürgerin die Flügel wachsen lassen und kurz darauf fragt sie den
Grafen mit ihrem schönsten Lächeln: »Wollen Sie Huhn, mein Herz?444 (Ebd.,
331, Fn.) Natürlich ist die „Bürgerin“ hier nicht die längst hingerichtete Ma-
dame Roland. Dennoch war Bürgerlichkeit ein stereotypes Epitheton im Nach-
leben von Madame Roland: „On a dit de madame Roland: c’est une bourgeoise;
ses sentiments, ses prejuges, ses travers sont dune bourgeoise.“ (Dauban 1864,
XII. „Man hat von Madame Roland gesagt: Das ist eine Bürgerin; ihre Gefühle,
ihre Vorurteile, ihre Schwächen sind die einer Bürgerin.“) Das Gegenprogramm
zu den sich bürgerlich und schriftstellerisch emanzipierenden Frauen formu-
liert schon NL 1884, 25[124], 46, 20 f.: „Ich will die Weiber wieder zurückfor-
men: die Sand und M de Stael beweisen gegen sie.“
234.
KSA 14, 367 teilt aus Wil folgende Vorarbeit mit: „Die Dummheit in der Kü-
che: hat sich je eine Universität schon um die gute Ernährung ihrer Studenten
gekümmert? Um einen gesunden geschlechtlichen Umgang?“ Nach „Küche“
eingeschoben: „man kann von der weiblichen Intelligenz nicht tief genug den-
ken, wenn man erwägt, wie gedankenlos bis jetzt überall vom Weibe die Er-
nährung der Familie und des Hausherrn besorgt worden ist. Das Weib ver-
steht nicht, was die Speise bedeutet: und will Köchin sein! Wenn das Weib
 
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