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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0683
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Stellenkommentar JGB 237, KSA 5, S. 173 663

sich bei N. in Verse abgewandelt allerdings bereits vor der Salome-Lektüre in
NL 1884, KSA 11, 28[1], 297,1-5 „Allen Schaffenden geweiht“: „Welt-Unabtrenn-
liche / Laßt uns sein! / Das Ewig-Männliche / Zieht uns hinein.“ JGB 236 ist
nur die Variation des bei N. schon in UB II HL virulenten Gedankens, dem
Ewig-Weiblichen sei ein Ewig-Männliches entgegenzusetzen, wofür er bei Goe-
the selbst Anhaltspunkte finden konnte (vgl. Vivarelli 1994, 279). Freilich wirkt
die Beschwörung des Ewig-Männlichen noch so plakativ wie in Wolfgang Men-
zels Kritik von 1836: „Da hat Göthe doch wohl zu sehr alles auf die Gunst des
schönen und zarten Geschlechts gestellt und über dem ,Ewig-Weiblichen‘ das
Ewig-Männliche vergessen. Die Seelen stehlen sich aber nicht in den Himmel,
wie der Hausfreund zur Frau, wenn der Mann nicht zu Hause ist. Es geht im
Himmel nicht so bequem, so französisch ä la Crebillon zu. Es gibt eine männli-
che Gottheit, wie es eine männliche Liebe und eine männliche Ehre gibt, und
beide sind Eins“ (Menzel 1836, 3, 337).

237.
In der KSA tragen zwei Abschnitte die Nummer 237. Das entspricht dem Druck
der Erstausgabe; im Handexemplar ist die Nummer ebenfalls nicht korrigiert
worden (Nietzsche 1886, 187). Schlechta lässt hingegen in seiner Ausgabe die
zweite Aphorismus-Nummer einfach weg und macht aus zwei Abschnitten ei-
nen einzigen (Nietzsche 1999, 2, 700). Damit wäre aber wiederum der Titel
„Sieben Weibs-Sprüchlein“ (KSA 5, 173, 23 bzw. Nietzsche 1886, 186)
hinfällig, weil es eben keine sieben Weibs-Sprüchlein mehr wären. Im Druck-
manuskript gibt es eine Einfügung des zweiten Textes, aber keine neue Ab-
schnittzählung. Die xenienhaft-parodistischen „Sieben Weibs-Sprüch-
lein“ zählen nicht gerade zu den Höhepunkten deutschsprachiger Lyrik.
173, 24 f. Wie die längste Weile fleucht, kommt ein Mann zu uns gekreucht!] Es
könnte sich bei diesem Verslein um eine Parodie auf die letzten Zeilen von
Christoph Martin Wielands Gedicht „An Olympia“ Von feinerem Gefühl getrie-
ben handeln: „Der holde Geist der Eintracht schlingt / Sein goldnes Band um
alle, stimmt die Herzen / Zu sanften Freuden, süßen Schmerzen; / Die lange
Weile flieht, und nur zu leicht beschwingt / Entfliehen itzt, man weiß nicht
wie, die Stunden, / Die man vordem so drückend lang gefunden“ (Wieland
1818-1828, 22, 331). Die bei N. im Unterschied zu Wieland gebrauchten alter-
tümlichen, frühneuzeitlichen Formen „fleucht“ und „gekreucht“ statt der da-
mals schon üblichen Formen „fliegt“ (bzw. „flieht“) und „gekrochen“ verwei-
sen auf die sprichwörtliche Redensart „was da kreucht und fleucht“, die ur-
sprünglich auf Luthers Bibelübersetzung zurückgeht (1. Moses 7, 14, 15 - Die
 
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