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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0686
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666 Jenseits von Gut und Böse

den vorangegangenen Abschnitten „Weiber“) gemacht haben, diese seien „et-
was Feineres, Verletzlicheres, Wilderes, Wunderlicheres, Süsseres, Seelenvolle-
res“ und damit „wie Vögel“, dient nur dazu, den männlichen Herrschaftsan-
spruch zu rechtfertigen. Dass diese Rechtfertigung hinkt, ist jedoch gleichfalls
offenkundig, denn Käfige sind weder das natürliche noch das angemessene
Habitat für Vögel.
Die später in kritischer Absicht auch um N.s Misogynie bemühte Frauen-
rechtlerin Hedwig Dohm (1831-1919) hatte schon 1874 in ihrer Monographie Die
wissenschaftliche Emancipation der Frau das Nötige zum Thema gesagt: „Wie
sonderbar diese Concurrenzfurcht ist! Sind die Männer wirklich das höhere Ge-
schlecht, das heißt, mit höheren Kräften für alle die Fächer begabt, von denen
sie die Frauen ausschließen, so brauchen sie doch die Concurrenz nicht zu
fürchten, im Gegentheil, die Frauen werden ihnen zur Folie dienen; sind ihre
Kräfte aber nicht höher, so setzen sie sich dem Verdacht /28/ aus, daß sie die
Frauen einsperren, damit dieselben ihnen die Preise nicht verderben, und ihr
Verhalten wird zur Gewalthat, zur widerrechtlichen Aneignung eines Mono-
pols“ (Dohm 1874, 27 f.).
Mit mehr gutem Willen kann man JGB 237[a] jedoch auch so lesen, dass
mit der historischen Beschreibung der bisherigen Käfighaltung der Frauen eben
diese männliche Unterdrückungspraxis inzwischen bereits der Vergangenheit
angehöre. Schließlich provoziert der Text die Fragen: Sind die Frauen wirklich
so, wie die Männer sie bisher gesehen bzw. behandelt haben? Wie werden die
Männer die Frauen in Zukunft behandeln?

238.
Eine frühere Fassung des Gedankengangs von JGB 238 lautet in KGW IX 4, W
I 7, 29, 1-25 in der ersten Version: „Sich im Grund=problem ,Mann u. Weib4
zu vergreifen, hier rden abgründlichsten Antagonismus zu übersehen u.-1 die
Nothwendigkeit [u. Nützlichkeit] der [einer ewig-J feindseligen Spannung, u
des tiefsten r wegzuwünschen, zu Teugnen-1 übersehen u. rm rhier-' vielleicht
rgar von-1 »gleiche Rechte4 gleiche ran-' Erziehung gleiche Ansprüche-1 eine mög-
lichste Annäherung u. »gleiche Rechte4 ru Verpflichtungen der Geschlechter-1
gleiche Pflichten zu Tordern-1 verlangen ranstreben u. zu wünschen-1 [zu träu-
men] : diese Art Flachköpfigkeit darf - das über einen sicheren Maßstab ''Senk-
blei-' rdafür dafür, daß-1 ab, wohin der Mensch solcher Wünschbarkeiten gehört
flach ist: es rdas-' ist eine typische Form ''Zeichen-' der Flachköpfigkeit; u ein
Denker, der nach Art von St. St. [sic] Mill oder Eugen Dührings, rzu Gunsten
der Emancipation dergestalt die Nähe seine Untiefe verrathen hat-1 in solchen
Wünschbarkeiten festsitzt [zu Gunsten der Emancipation u. der »gleichen
 
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