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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0823
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Stellenkommentar JGB 294, KSA 5, S. 236 803

294.
Die chaotisch anmutende Seite 273 im Heft W I 8 enthält Ansätze und Ideen,
die JGB 294 präludieren. So heißt es da beispielsweise: „Es giebt so viele Arten
des Lachens: Dies Alles ist denen rins Ohr gesagt’’ geweiht, welche das goldne
Lachen haben.“ (KGW IX 5, W I 8, 273, 14-16) Zu JGB 294 vgl. z. B. Müller-
Lauter 1999a, 309-311, Lampert 2001, 286 f. u. Wirth 2004, 148.
236,19 Das olympische Laster.] Zum Olymp vgl. NK 148, 23. Das fragli-
che Laster ist das Lachen oder Gelächter, das man gemeinhin als „homerisch“
bezeichnet - auch N. tat dies beispielsweise in MA I 16, KSA 2, 38, 3 (von N.
selbst zitiert in NL 1885, KSA 11, 40[65], 666, 15 = KGW IX 4, W I 7, 16, 21 f.) -,
weil in den Homer zugeschriebenen Werken darüber berichtet wird, dass die
Götter in „aaßcoToc; yeAax;“, „unauslöschliches Lachen“ ausgebrochen seien,
zum einen angesichts des im Netz des betrogenen Ehemanns Hephaistos gefan-
genen Liebespaares Aphrodite und Ares (Odyssee VIII 326, vgl. auch NK 57,
27-29 u. NK 1, 34, 28-35, 1), zum anderen angesichts des durch übermäßige
Geschäftigkeit atemlosen Hephaistos (Ilias I 599). Das Gelächter der olympi-
schen Götter kehrt in AC 61 wieder, vgl. NK KSA 6, 251, 1-12.
236,19-26 Jenem Philosophen zum Trotz, der als ächter Engländer dem Lachen
bei allen denkenden Köpfen eine üble Nachrede zu schaffen suchte — „das Lachen
ist ein arges Gebreste der menschlichen Natur, welches jeder denkende Kopf zu
überwinden bestrebt sein wird“ (Hobbes) —, würde ich mir sogar eine Rangord-
nung der Philosophen erlauben, je nach dem Range ihres Lachens — bis hinauf zu
denen, die des goldnen Gelächters fähig sind.] In der Aufzeichnung KGW IX 5,
W I 8, 273, 12-23 heißt es stattdessen: „Jenem Philosophen zum Trotz, der, als
ächter Engländer, dem Lachen eine üble Nachrede zu schaffen suchte - ,das La-
chen ist rihffin ein Gebreste rder menschl. Natur'', welches jeder M denkende M.
zu überwinden bestrebt sein4 wird (Hobbes) - würde ich eine Rangordnung der
Philos. mir erlauben, je nach dem Range ihres Lachens - bis hinauf bis zu denen,
die des goldenen Gelächters fähig sind.“ Das Hobbes-Zitat bleibt apokryph, zu-
mal N. es in Vorstufe und Drucktext mehrfach korrigiert und variiert hat, so dass
die Vermutung naheliegt, er adaptiere und übersetze (?) aus einer fremdsprachi-
gen, vielleicht französischen Vorlage. Hobbes’ oft bemühte Definition versteht
das Lachen demgegenüber als „a sudden glory arising from some sudden con-
ception of some eminency in ourselves, by comparison with the infirmity of
others, or with our own formerly“ (Hobbes 1839-1845, 4, 46 f., vgl. auch Levia-
than I 6, 42). Auf diese Definition gehen unter N.s Lektüren - eine direkte Be-
schäftigung mit Hobbes’ Schriften lässt sich nicht nachweisen (vgl. NK 195, 9-
13) - etwa Stendhal 1854a, 21 und Dumont 1876,257 f. ein (vgl. auch Charles Bau-
delaires De l’essence du rire von 1855).
 
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