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Liepmann, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 6. Abhandlung): Leichengeburt bei Ichthyosauriern: eine paläobiologische Studie — Berlin, Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.43402#0006
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Wilhelm Liebmann:

Für unsere Frage interessiert uns nun als Gynäkologen in erster
Linie, die Viviparität als bestehend angenommen, die Lage der Jungtiere
im Muttertier vor der Geburt. Eine Querlage ist unmöglich und auch
niemals beobachtet. Bei dem torpedoähnlichen Bau von Mutter und
Jungtier konnte die junge Brut nur in Längsrichtung im Mutterleib
orientiert sein, und bei der Bauart ihres Körpers wäre es geburtsmecha-
nisch gleichgültig, ob Schwanz oder Kopf zum Muttertier beckenwärts
gerichtet ist, d. h., ob es sich um Schädel- oder Schwanz-Steißlage
handelt. Tatsächlich finden wir auch bei zahlreichen Präparaten Jung-
tiere in Schädellage, bei den von uns dargestellten Präparaten Embryonen
in Schwanz - Steißlage. Bei unseren Haustieren stellte Kehrer (5) bei
Schweinen 54 % Kopf- und 46 % Beckenendlagen, bei 34 Hunden
22 Kopf- und 12 Beckenendlagen, bei 25 Katzen 12 Kopf- und 13 Becken-
endlagen fest. Wie sich bei diesen die Längsachse nach der Längsrich-
tung des Uterushornes orientierte und wie die Föten im übrigen bald den
Kopf, bald den Schwanz abwechselnd köpf- oder schwanzwärts vom
Muttertier gerichtet haben, so muß es mechanisch auch bei den Ichthyo-
sauriern gewesen sein.
Die Lage der Föten in unseren beiden Präparaten Fig. 1 und 2
zeigt aber, daß die Geburt soweit fortgeschritten ist, daß sich nur
noch bei Fig. 1 ein Teil der Schnauze, bei Fig. 2 das halbe Tier inner-
halb des Beckenringes befindet. Hierbei muß für jeden vergleichenden
Geburtshelfer die Frage akut werden, wie die Tiere in diesem
Stadium fossil werden konnten, und die Frage des Fossil-
werdens intra partum ist gerade der Grund unserer kleinen
Studie.
Die Verhältnisse im schwäbischen Lias-Meer sind nach den Unter-
suchungen von Pompecky (6) gewissermaßen als „ein fossiles schwarzes
Meer“ zu betrachten. Unter den tierreichen Süßwasserschichten des
Schwarzen Meeres findet sich in den Tiefen desselben nicht genügend
Sauerstoff, um das Meerwasser zu durchlüften, so daß diese Tiefen für
alle Lebewesen, die in sie gelangen, tödlich wirken müssen. Noch heute
lagern sich auf dem Grunde des Schwarzen Meeres schwarzer Schlick
oder feiner Ton ab, der im Charakter mit dem schwarzen Schiefer von
Holzmaden übereinstimmt. Dieses fossile, schwarze Meer scheint durch
eine Barre vom offenen Meer getrennt gewesen zu sein und alle die Tiere,
die nun bei dem Sturm über diese Barre hinweggetrieben wurden, gingen
an Sauerstoffmangel oder an Schwefelwasserstoff, der sich aus den
organischen Massen entwickelte, zugrunde. Wie die Bucht von Biskaya
noch heute durch die Meeresströmungen zu einem Walfriedhof gewandelt
wird, so nahm das fossile schwarze Meer von Holzmaden damals all die
 
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