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Adolf Mayer:
angeknüpft wird, die deshalb so wirksam ist, weil durch sie nicht bloß
der abstrakte (ganz unsinnlich gewordene) Begriff des Worts, sondern
der sinnliche Klang des Wortes selbst an die Sache erinnert,
welche das Wort bezeichnet. Das Wort wird dadurch mehr als ein
bloßes Zeichen oder eine Katalognummer, es wird zum Miniaturbilde
der Sache, die dadurch in unserm Geiste lebendiger wird.
Hieran knüpft der Klang der Reime an, aber nicht der Klang an
die Sache, sondern ein Klang, der eine Sache bezeichnet, an einen andern,
der eine andere Sache bedeutet. Dadurch aber werden zwei Sachen,
die miteinander begrifflich verbunden werden sollen, auch dem Klange
nach einander nahe gebracht und dadurch die gesteigerte Wirkung er-
zielt, die eben in einem Gedichte erreicht werden soll. Dies gilt zugleich
für den Endreim wie für den Stabreim. Vgl. Die Kultur, Wien 1913,
14. 449. Auch für den Rhythmus glaube ich ähnliche Beziehungen
gefunden zu haben oder bestätigen zu können. Die darauf bezügliche
Abhandlung ist bisher ungedruckt geblieben.
11. Schon von etwas allgemeinerer, die Grenzen der einzelnen
Künste überschreitender Bedeutung ist dann weiter die Frage nach
der Komik als besonderes Genre einer Kunstleistung. Auch hierüber
bestehen in der philosophischen Ästhetik die verschiedensten und keines-
wegs miteinander in Einklang stehenden Erklärungsversuche. Von
unserem Standpunkte aus ist die besonders starke, wenn auch nicht
gerade tiefgehende Heiterkeit, die eine komische Leistung im Zuschauer
(beziehlich im Zuhörer) erweckt, dadurch zu erklären, daß alles Lächer-
liche auf der kunstvollen, wenn auch nicht immer absichtlichen Ent-
hüllung von etwas sorgfältig Verhehltem beruht. DieFreude, die
empfunden wird, wird nicht ausgelöst durch einen Kontrast, wie bis
dahin so vielfach und von bedeutenden Autoritäten behauptet wurde —
wann hätten je Kontraste Freude gemacht? -—, sondern durch die ge-
lungene Leistung, etwas, das man gerne ans Licht gebracht sähe und
das man um der guten Sitte willen doch nicht ans Licht bringen darf,
doch — allen Widerständen entgegen — ans Licht zu bringen. Oder auch
daß dies dem Zufall glückt, in jedem Falle, daß wir uns damit die Hände
und den Namen nicht zu beschmutzen brauchen.
Das Nähere ausgeführt in Aufsätzen in Die Gegenwart: 1907, 22,
S. 295 und Die Zeitschrift, 1911, 2. Heft 2, S. 39.
12. Dann gibt es Fragen!, die aller Kunst gemeinsam sind, z.B.
die große Frage nach dem Wesen der Kunst überhaupt, für die es
in der bisherigen philosophisch orientierten Ästhetik nur wenig klare
Adolf Mayer:
angeknüpft wird, die deshalb so wirksam ist, weil durch sie nicht bloß
der abstrakte (ganz unsinnlich gewordene) Begriff des Worts, sondern
der sinnliche Klang des Wortes selbst an die Sache erinnert,
welche das Wort bezeichnet. Das Wort wird dadurch mehr als ein
bloßes Zeichen oder eine Katalognummer, es wird zum Miniaturbilde
der Sache, die dadurch in unserm Geiste lebendiger wird.
Hieran knüpft der Klang der Reime an, aber nicht der Klang an
die Sache, sondern ein Klang, der eine Sache bezeichnet, an einen andern,
der eine andere Sache bedeutet. Dadurch aber werden zwei Sachen,
die miteinander begrifflich verbunden werden sollen, auch dem Klange
nach einander nahe gebracht und dadurch die gesteigerte Wirkung er-
zielt, die eben in einem Gedichte erreicht werden soll. Dies gilt zugleich
für den Endreim wie für den Stabreim. Vgl. Die Kultur, Wien 1913,
14. 449. Auch für den Rhythmus glaube ich ähnliche Beziehungen
gefunden zu haben oder bestätigen zu können. Die darauf bezügliche
Abhandlung ist bisher ungedruckt geblieben.
11. Schon von etwas allgemeinerer, die Grenzen der einzelnen
Künste überschreitender Bedeutung ist dann weiter die Frage nach
der Komik als besonderes Genre einer Kunstleistung. Auch hierüber
bestehen in der philosophischen Ästhetik die verschiedensten und keines-
wegs miteinander in Einklang stehenden Erklärungsversuche. Von
unserem Standpunkte aus ist die besonders starke, wenn auch nicht
gerade tiefgehende Heiterkeit, die eine komische Leistung im Zuschauer
(beziehlich im Zuhörer) erweckt, dadurch zu erklären, daß alles Lächer-
liche auf der kunstvollen, wenn auch nicht immer absichtlichen Ent-
hüllung von etwas sorgfältig Verhehltem beruht. DieFreude, die
empfunden wird, wird nicht ausgelöst durch einen Kontrast, wie bis
dahin so vielfach und von bedeutenden Autoritäten behauptet wurde —
wann hätten je Kontraste Freude gemacht? -—, sondern durch die ge-
lungene Leistung, etwas, das man gerne ans Licht gebracht sähe und
das man um der guten Sitte willen doch nicht ans Licht bringen darf,
doch — allen Widerständen entgegen — ans Licht zu bringen. Oder auch
daß dies dem Zufall glückt, in jedem Falle, daß wir uns damit die Hände
und den Namen nicht zu beschmutzen brauchen.
Das Nähere ausgeführt in Aufsätzen in Die Gegenwart: 1907, 22,
S. 295 und Die Zeitschrift, 1911, 2. Heft 2, S. 39.
12. Dann gibt es Fragen!, die aller Kunst gemeinsam sind, z.B.
die große Frage nach dem Wesen der Kunst überhaupt, für die es
in der bisherigen philosophisch orientierten Ästhetik nur wenig klare