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Ernst, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1928, 12. Abhandlung): Wurzeln der Medizin: Festrede ... am 10. Juni 1928 — Berlin, Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.43554#0007
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Wurzeln der Medizin.

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torien, in Schächten und Bauhütten, Schmelzöfen und Erzwäschereien,
in der Fuggerschen Bergschule zu Villach, war ihm die Chemie eine Brücke
zwischen Leben und Wissen, die ersten Tastversuche des wachsenden
Geistes in eine neue Merkwelt. Er wies auf den Zusammenhang zwischen
den dumpfen Mühen der Chimisten und den Funden der Medizin und
wurde so zum Begründer der chemiatrischen Schule, der letzte Alchy-
mist, der erste Chemiker von größerem und ächterem Faustischem
Ausmaß als jener Dunkelmann aus Knittlingen. Durch Paracelsus
wird also die Humoralpathologie zur Chemiatrie, die im 17. Jahr-
hundert durch van Helmont und Sylvius zu einer Lehre ausgebildet,
rasche Verbreitung fand. Nach ihr ist der Lebens vorgang ein chemischer
Vorgang, die Krankheit beruht auf abnormer Mischung der festen und
flüssigen Teile. ' Speichel, saurer Magensaft, alkalische Galle, saurer
Pancreassaft, hypothetischer Milzsaft wirken durch Fermentation,
Gärung, die allen Lebensvorgängen zugrunde liegt und auch die Lebens-
wärme liefert. Wie modern sich das anhört! — Schärfen, sog. Acrimonia
treten ins Blut über, erzeugen Frost oder Fieber und werden durch um-
stimmende Mittel (Alterantia) bekämpft nach dem Grundsatz: contraria
contrariis.
Die folgenden Zeiten nehmen an der Lehre Abwandlungen vor,
statt des Merkur des Paracelsus kommt der Spiritus auf, im Gehirn
destilliert, durch die Nervenröhrchen in alle Teile fließend; im Herzen
entzündet sich Schwefel mit dem Salz des Blutes, braust auf und erzeugt
die Wärme; Fehler der Säfte, wie Vermehrung, Verdickung und
Verdünnung entstehen durch Verderbnis und Verhaltung. Auf fehler-
hafte Mischung beruft sich noch das ganze 18. Jahrhundert, ebenso
auf die Schärfen im Blut, die in Säuren und Laugen geschieden werden.
Als das Feuchte neben dem Trockenen taucht ab und zu wieder das
Wasser auf. Wieviel ist doch in der Volksmedizin davon noch heute
lebendig! —
Während für Hippokrates das Blut nur einen der Säfte bedeutete,
während die Chemiatrie die Verdauungssäfte in den Vordergrund stellte,
begann im 18. Jahrhundert das Blut die Hauptrolle zu spielen und aus
der Humoralpathologie wuchs eine Hämatopathologie hervor und das
war so gekommen. Im Jahre 1628 veröffentlichte William Harvey,
der Leibarzt Jakobs I. und Karls I. eine Schrift: exercitatio medica de
motu cordis et sanguinis in animalibus, worin er den Kreislauf des
Blutes zum ersten Male richtig beschrieb und als ein in sich geschlossenes
System darstellte. Bewegung einer Flüssigkeit in einem Röhrensystem
und Druck des Blutes, Schlagfolge und Schlagvolumen des Herzens,
Spannung der Blutgefäße wurden nachgewiesen und hiermit der Grund
 
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