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Mayer, Adolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1928, 13. Abhandlung): Naturwissenschaftliche Apologetik des Christentums — Berlin, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.43555#0013
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Naturwissenschaftliche Apologetik des Christentums.

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dabei allerhand Gefahren lauern, namentlich die, den Wissensstoff der
Disziplin, an die man sich heranwagt, nur sehr unvollständig zu beherr-
schen, was von der zünftigen Gelehrtheit so übel vermerkt und mit dem
spöttischen Epitheton: „nicht von einem Übermaß von Wissen ange-
kränkelt“ dem kecken Eindringling angekreidet wird. — Dagegen ist zu
sagen: Wenn man über unbekannte Steine stolpert, hat man persönlichen
Schaden davon, aber der Weg ist gezeigt und wird fortgesetzt von Kundi-
geren, die sich an dem Aufschrei des Gefallenen zurechtfinden. Es ist
damit wie im Kriege, aus dem es auch keine Schande ist, Wunden mit
nach Hause zu bringen. Ja ich glaube, man könnte dem akademischen
Wahlspruche Audesapere! mit einigem Rechte den scheinbar entgegen-
gesetzten: Aude nescire (seil, multa), der schon lange die geheime Losung
eines großen Kulturvolkes ist, entgegensetzen.
* *
*
Was nun aber insbesondere meine naturwissenschaftlichenVersuche in
der Richtung einer Apologetik angeht, so möchte ich die in diesem Punkte
noch kurzsichtigen (oder besser gesagt, übersichtigen) Naturwissenschaft-
ler, die zur Zeit die Religion so gering einschätzen, darauf weisen, daß
die von ihnen so wenig studierte Weltgeschichte schon jetzt einige Regeln
aufweist, die ihre Anschauung dieser Dinge gründlich widerlegen. Freilich
lernt man ja auf den Schulen bei deren dermaligem Betriebe, oder wenig-
stens, wie sie beim Heranwachsen der jetzt an maßgebender Stelle stehen-
den Geschlechtes betrieben wurden, nicht viel mehr als das äußere Gerippe
der Weltgeschichte: Jahreszahlen, Schlachtendaten und dergleichen, aus
Gründen, die hier zu verfolgen zu weit führen würde, und der studierende
junge Naturforscher kümmerte sich meist wenig um diese Dinge und hatte
später in seinem Berufe keine Zeit für sie übrig, und auch die Historiker
vom Fach fanden sich meist wenig dazu berufen, den Gesetzen des
historischen Geschehens auf eine Weise nachzuspüren, wie man in
der Erforschung der Natur zu allgemeinen Gesetzen gekommen war. Die
Spuren des radikalen englischen Forschers Buckle mit seinen mißglückten
Induktionen waren hier allerdings geeignet zu schrecken und abzuschrek-
ken, und glücklichere Versuche wie die von Gobineau, von Chamberlain
(dem Wahldeutschen) und Spengler waren selten und sind auch heute,
wie ich glaube, noch nicht tonangebend. Vielfach deduzierte man noch
aus einflußreichen Systemen der Idealphilosophie. So gelangte man nur
zu ganz wenig feststehenden Sätzen und Kulturgesetzen, wie die, daß
politischer Erfolg Reichtum erzeugt, dieser Üppigkeit und in logischer
Folge Verfall oder, daß die Wirtschaft eines Volkes abhängig ist von der
 
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