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Baldus, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1929, 11. Abhandlung): Über Eulers Dreieckssatz in der absoluten Geometrie — Berlin, Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.43584#0004
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Richard B aldus:

I. Der Widerspruch mit dem Eulerschen Satze.

1. A11C sei ein bei C rechtwinkeliges, nicht gleichschenkeliges
Dreieck der absoluten Geometrie, Fig. 1, P der Mittelpunkt der
Hypotenuse. Würde CP auf AB senkrecht stehen,
dann wären die beiden Teildreiecke kongruent und
das ursprüngliche Dreieck wäre, entgegen der Vor-
aussetzung, gleichschenkelig. C ist der Höhenschnitt-
punkt des Dreiecks, S liegt innerhalb der Strecke
CP, daher muß, wenn Eulers Satz für das Dreieck



gelten soll, M auf die Gerade CP fallen. Da AI auch auf der Mittel-
senkrechten zu AB liegt und diese Senkrechte, wie soeben gezeigt
wurde, von CP verschieden ist, fällt AI mit P zusammen. Daher sind
die Strecken PA, PB, PC kongruent, die Dreiecke APC und BPC
bei P gleichschenkelig, folglich auch gleichwinkelig, und A ABC hat
die Winkelsumme 2 B. D. h.

Die Aussage des EuLERSchen Satzes für ein recht-
winkeliges, nicht-gleichschenkeliges Dreieck ist dem
Euklidischen Parallelenaxiom äquivalent.
Der Euler sehe Satz „existieren für ein Dreieck die Punkte H und
AI, dann liegen sie immer mit S in einer Geraden“ gilt daher nicht
in der hyperbolischen Geometrie und ebensowenig in der absoluten
Geometrie.1)
II. Gleichschenkelige Dreiecke.

2. Liegt in der absoluten Geometrie ein beliebiges, gleich-
schenkeliges Dreieck vor, dann ist dessen Symmetriegerade gleich-
zeitig Höhe, Mittellinie und Mittelsenkrechte einer Seite, demnach auch
Euler sehe Gerade; außerdem existiert bekanntlich in jedem Dreieck S
als innerer Punkt. Daraus folgt:
Existieren in der absoluten Geometrie für ein gleich-
schenkeliges Dreieck die Punkte ZZ und AI, dann liegen
sie mit dem Punkt $ des Dreiecks in einer Geraden.

J) Tatsächlich weist der auf S. 3 in Anm. 2 erwähnte Beweis eine Lücke
auf, da auf S. 91 in der fünftletzten Zeile des Textes der Nachweis für die Be-
hauptung (a a, t> /D = M fehlt. Unser soeben abgeleitetes Ergebnis zeigt, daß
diese Lücke nicht für ein beliebiges Dreieck ausgefüllt werden kann, ohne
daß man das Euklidische Parallelenaxiom oder eine ihm äquivalente Aussage
postuliert. Wie mir Herr F. Schur mitteilt, bat er seinem Buche die Betrachtungen
über die merkwürdigen Punkte des Dreiecks nachträglich eingefügt und bei der
Übernahme von Ergebnissen aus der dort zitierten Schrift von H. Schröter über-
sehen, daß sich deren Beweise nur soweit auf die absolute Geometrie übertragen
lassen, als einzelne merkwürdige Punkte betrachtet werden, aber nicht dort,
wo es sich um Beziehungen zwischen diesen Punkten bandelt.
 
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