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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1929, 5. Abhandlung): Arktische Bodenformen in den Alpen — Berlin, Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.43578#0028
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2d

Wilhelm Salomon:

daß die vorhandenen Formen weniger zahlreich und schwächer entwickelt
zu sein scheinen.
2. Scheidet aus, weil 1. mit Nein beantwortet wurde.
3. Wenn sie nicht alle oder in geringerem Maße vertreten sind, wo-
rauf ist der Unterschied zurückzuführen?
Die unvollständige und quantitativ geringfügigere Vertretung der
polaren Bodenformen beruht meiner persönlichen Ansicht nach darauf,
daß in den Alpen eine echte perennierende Tjäle in den in Betracht kom-
menden Höhen nur ganz ausnahmsweise vorhanden zu sein scheint. Es
mag sein, daß sie in den höchsten Erhebungen normal vorhanden ist.
Die mittlere Jahrestemperatur gestattet diese Annahme. Aber dort sind
die Hangneigungen und Bodenverhältnisse meist sehr ungünstig, so daß
die Bodenformen bis jetzt aus Höhen über 3500 m nicht beschrieben sein
dürften. Flache Plätze sind dort selten und wenn vorhanden, wohl fast
immer unter Firn oder Gletscher begraben. Die Tjäle hat eine zweifache,
die Bildung der arktischen Bodenformen und Bewegungen begünstigende
Wirkung. Sie hält erstens die Oberhaut des Bodens auf einer Tempe-
ratur dicht am Gefrierpunkt und erleichtert daher das Eintreten des
Frostes in ihr. Zweitens aber wirkt sie als undurchlässige Unterlage, so
daß alles Schmelzwasser der Oberfläche die Oberhaut des Bodens durch-
tränkt und beweglich macht. Je stärker aber die Durchtränkung ist, um
so größer wird auch die Aufblähung der Oberhaut beim Gefrieren, so
daß die Tjäle sowohl die Solifluktion wie die Bildung von Bodenfiguren
außerordentlich begünstigen muß. Im übrigen verweise ich in dieser
Hinsicht auf die schönen Ausführungen von Bertil Högbom in seinen
zitierten Arbeiten. Wo eine Tjäle fehlt, kann aber auch der nur im Winter
gefrorene Untergrund eine Zeitlang ihre Stelle vertreten; oder es kann
ein größerer Stein bzw. eine Felsunterlage an ihre Stelle treten. So er-
klären sich meiner Ansicht nach die Beobachtungen von Kinzl, die ich
auf S. 8 hervorgehoben habe. Denn auch die Steinunterlage konzen-
triert die Feuchtigkeit des Bodens auf die Oberhaut. Auch sie dient als
Widerlager bei ihrer Aufblähung.

Fossile arktische Bodenformen.
Blockströme der Diluvialzeit sind in Mitteleuropa gar nicht selten,
wie I. G. Andersson, Passarge, Lozinski, B. Högbom, Erdmanns-
dörffer, Kessler, der Verf. und wohl noch eine ganze Anzahl anderer
Forscher gezeigt haben. Aber auch fossile Feinerdebeete sind nachge-
wiesen, zuerst wohl durch Grlpp (Beiträge zur Geologie von Spitzbergen.
Abh. Naturw. Verein Hamburg, 1927. Bd. 21, Heft 3, S. 26). Sie werden
 
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